Boris Mikhailov erhält „Spectrum“-Fotopreis

Hannover (dpa) - Der gebürtige Ukrainer Boris Mikhailov erhält den mit 15 000 Euro dotierten „Spectrum“-Fotografiepreis der Stiftung Niedersachsen. Mikhailov sei einer der herausragenden Fotografen der Gegenwart, begründete die internationale Jury ihre Entscheidung am Montag in Hannover.

Der 73-Jährige widmet sich in seinem Werk vor allem dem Zerfall der Sowjetunion und den Folgen für den Alltag der Menschen. 1996 zog der Künstler nach Berlin, er kehrt aber immer noch für längere Phasen in seinen Geburtsort Charkow zurück. Vom 24. Februar an zeigt die Berlinische Galerie die erste umfassende Werkschau in Deutschland.

Der „Spectrum“-Fotopreis ist mit einer Ausstellung im Sprengel Museum Hannover im kommenden Jahr verbunden. Mikhailov ist der achte Preisträger, zu seinen Vorgängern zählen Robert Adams, Thomas Struth, Sophie Calle und zuletzt der Iraner Bahman Jalali. Die Auszeichnung wird alle drei Jahre vergeben.

Am Montag gab Mikhailov in Hannover Einblick in seine aktuellen Arbeiten. „Ich wurde Fotograf, weil ich nicht reden kann“, sagte er augenzwinkernd und erläuterte dann doch eine Serie, in der er die späte Stalin-Ära kurz vor dem Tod des Diktators 1953 wiederaufleben lässt. „Es geht um die Frage: Kann ein Fotograf die Vergangenheit fotografieren?“ Der sowjetische Geheimdienst KGB etwa existiere nur im kulturellen Gedächtnis, nicht in Büchern. Er versuche nun, ein Buch über den KGB zu machen, kündigte Mikhailov an.

In Fotobüchern wie „Am Boden/Die Dämmerung“ (1996) oder „Tea Coffee Cappuccino“ (2011) dokumentiert der Fotograf das Leben in seiner Heimat. Er zeigt, welche Spuren die Armut in den Gesichtern der Menschen hinterlässt. Mikhailovs Werke waren unter anderem bereits im Museum of Modern Art in New York und in der Londoner Tate Modern zu sehen. 2007 bespielte er den Ukrainischen Pavillon bei der 52. Biennale in Venedig. In der Schau „Photography Calling!“, einem Überblick über die Gegenwartsfotografie im Sprengel Museum in Hannover, sind noch bis Sonntag Mikhailovs Porträts deutscher Bürger zu sehen.