Cranachs Melanchthon-Porträt wird restauriert
Dresden (dpa) - Dresdner Studentinnen auf Cranachs Spuren: Die Restaurierung eines überlebensgroßen Porträts des Reformators Philipp Melanchthon (1497-1560) aus Wittenberg (Sachsen-Anhalt) dauert noch bis zum Sommer 2012.
„Wir brauchen die Zeit auch“, sagte die Leiterin der Fachklasse Restaurierung an der Hochschule für bildende Künste Dresden, Ursula Haller. So müssten noch letzte Risse geschlossen und Fehlstellen retuschiert werden. Das aus dem 16. Jahrhundert stammende und Lucas Cranach dem Jüngeren (1515-1586) zugeschriebene Gemälde soll künftig in der Dauerausstellung im Melanchthon-Haus Wittenberg zu sehen sein.
Die 40 000 Euro teure Wiederherstellung des am Ende des Zweiten Weltkrieges stark beschädigten Bildes werde zum Großteil durch eine Privatspende aus Nordrhein-Westfalen finanziert, sagte Karin Lubitzsch von der Stiftung Luthergedenkstätten in Sachsen-Anhalt. Das 1,19 mal 2,28 Meter große Gemälde des Gelehrten, der als Wegbegleiter von Martin Luther in die Geschichte einging, befand sich ursprünglich zusammen mit einem lebensgroßen Luther-Porträt im Besitz der Universität Wittenberg. Beide hingen 1883 bis 1945 mit einigen Kurfürstenbildern im großen Hörsaal im Lutherhaus.
Vermutlich im Mai 1945 wurden mehrere der Bilder zerstört. „Das Luther-Gemälde ist verschollen, Melanchthons Porträt war mit Rissen und Stichen übersät und nicht mehr ausstellbar“, sagte Lubitzsch. Seit März 2009 wird es restauriert. Für die Dresdner ist das Bild auch ein interessantes Forschungsprojekt. „Daran kann die Art und Weise sowie Technik des damaligen Werkstattbetriebes bestens studiert werden“, sagte Leiterin Haller.
23 Frauen - Studentinnen und Wissenschaftlerinnen - erforschten Quellen und schlossen Risse, die zusammen fünf Meter messen, mit Hilfe der Einzelfadenverklebung. „Jeder gerissene Faden der Leinwand wird mit dem zugehörigen Stück verbunden“, erläuterte Haller. Anhand von Resten, einer historischen Aufnahme und Vergleichsporträts rekonstruierte Diplomandin Mandy Hellinger das verlorene Gesicht erst am Computer, dann Millimeter für Millimeter auf der Leinwand - in fast 1000 Stunden Kleinarbeit, wie sie sagte. „Die grüngrauen Augen kamen zuletzt.“