Deutsch-polnische Schau in Berlin
Berlin (dpa) - Der Weg war symbolisch. Als Bundespräsident Christian Wulff und sein polnischer Amtskollege Bronislaw Komorowski am Mittwoch die Ausstellung „Tür an Tür: Polen - Deutschland“ in Berlin eröffneten, überquerten sie gemeinsam den Pflasterstreifen, der die einstige Mauer markiert.
Die Gräuel der Nazi-Zeit und die Jahrzehnte des Kalten Krieges, so signalisierten beide, sollen für immer Mahnung sein - doch die Nachbarschaft beider Länder ist mehr.
„1000 Jahre Kunst und Geschichte“ lautet der Untertitel der Ausstellung. Mit rund 800 historischen und zeitgenössischen Exponaten wird im Martin-Gropius-Bau von dieser wechselvollen Beziehung erzählt - chronologisch in 22 Kapiteln geordnet. Das Königsschloss in Warschau und die Berliner Festspiele haben die Schau gemeinsam erstellt, 200 Institutionen stellten Schätze aus ihren Sammlungen zur Verfügung.
Auch das dunkelste Kapitel der Geschichte ist nicht ausgespart. So erinnert Andrzej Wróblewskis Ölbild „Erschießung mit einem Jungen“ (1949) an die NS-Massenexekutionen polnischer Bürger. Als zeitgenössischer Kontrapunkt ist eine Collage aus Gerhard Richters Archiv „Atlas“ zu sehen, das er aus Fotografien von Massengräbern, Konzentrationslagern und Exekutionen zusammensetzte. Eher ungewöhnlich ist die Chiffriermaschine Enigma, die den deutschen Funkverkehr verschlüsseln sollte.
„Wir führen uns auch gegenseitig vor Augen, was wir gemeinsam erlebt, erlitten und erstritten haben“, sagte Wulff bei der Eröffnungsfeier im Berliner Abgeordnetenhaus, das einst vom gegenüberliegenden Martin-Gropius-Bau durch die Mauer getrennt war. Die Wiedervereinigung sei auch der polnischen Freiheitsbewegung zu verdanken, so der Bundespräsident. „Das werden wir den Polen nie vergessen.“
Den Auftakt der gemeinsamen Geschichte markieren Werke, die an das historische Treffen des römisch-deutschen Kaisers Otto III. mit Boleslaw I. in Gnesen erinnern - es legte im Jahr 1000 den Grundstein zur Bildung des polnischen Staates. So ist etwa eine wertvolle Kirchentür aus Gnesen ausgestellt. „Durch diese Tür haben sich Deutsche und Polen erstmals als Nachbarn gesehen“, sagte Komorowski.
Wichtiger Kitt der Beziehungen waren immer wieder auch Eheschließungen zwischen den Adelshäusern. Ein mittelalterliches Tafelbild etwa zeigt Ottos Nichte Richeza, die durch Heirat Königin von Polen wurde. Die legendäre „Landshuter Hochzeit“ zwischen Herzogin Hedwig und Georg dem Reichen ist dokumentiert. Und auch Stücke aus dem Brautschatz einer polnischen Prinzessin sind zu sehen, der in 70 Wagenladungen zu ihrem Ehemann Philipp von Pfalz-Neuburg gebracht werden musste.
Zu den Glanzlichtern der Ausstellung gehören weiter Meisterwerke des Bildhauers Veit Stoß, der sowohl in Nürnberg wie auch in Krakau arbeitete. Der Astronom Nicolaus Copernicus wird als Beispiel für frühes grenzüberschreitendes Denken vorgestellt.
Wulff zeigte sich mit Blick auf den für Donnerstag erwarteten Besuch von Papst Benedikt in Berlin besonders beeindruckt von einem originalen Hirtenbrief aus dem Jahr 1965, mit dem die polnischen Bischöfe die Versöhnung nach dem Krieg in die Wege leiteten. „Wir vergeben und bitten um Vergebung“, hieß es darin laut Wulff „atemberaubend mutig“. Eine Antwort deutscher Intellektueller von 1968 trägt auch die Unterschrift des heutigen Papstes.
Die Ausstellung wird von Polen und Deutschland mit je einer Million Euro unterstützt. Sie findet im Rahmen des Kulturprogramms statt, das Polen zu seiner ersten EU-Ratspräsidentschaft organisiert. Präsident Komorowski sagte: „Diese Kunstwerke sind wirklich mehr wert als Gold, weil sie die Geschichte einer wichtigen und wertvollen Nachbarschaft darstellen.“