Deutschlands teuerstes Kunstwerk
Holbeins Schutzmantel-Madonna hängt in Schwäbisch Hall.
Schwäbisch Hall. Majestätisch ragt die Muttergottes auf. Ihr dunkelblaues Gewand wirft Falten. Auf ihrem Kopf ruht eine hohe Goldkrone, im Arm hält sie das nackte Jesuskind. Zu ihren Füßen kniet Bürgermeister Jacob Meyer zum Hasen mit seiner Familie.
„Das Gemälde gehört zu den bedeutendsten Werken des 16. Jahrhunderts“, sagt Beate Elsen-Schwedler, stellvertretende Direktorin des Museums Würth. Seit Freitag hängt die Schutzmantel-Madonna von Hans Holbein dem Jüngeren (1497-1543) in der Johanniterkirche in Schwäbisch Hall.
Rund 60 Millionen Euro soll der Fabrikant und Kunstsammler Reinhold Würth 2011 an den Vorbesitzer, die Erbengemeinschaft Hessen, bezahlt haben. Damit gilt es, soweit bekannt, als das teuerste in Deutschland verkaufte Kunstwerk.
Zuvor war es sieben Jahre als Leihgabe im Städel Museum in Frankfurt zu sehen. Dem spektakulären Geschäft war ein langes Tauziehen vorausgegangen. Das Land Hessen und das Museum hatten der Erbengemeinschaft zusammen 40 Millionen Euro geboten, konnten aber mit Würths Gebot nicht mithalten.
Seine Einzigartigkeit beziehe die „Madonna des Bürgermeisters Jacob Meyer zum Hasen“ auch aus ihrer spannungsvollen Entstehungsgeschichte, sagt Elsen-Schwedler: „Der katholische Bürgermeister Jacob Meyer zum Hasen befand sich in einer schweren politischen Krise, als er das Werk 1526 in Auftrag gab.“
Der calvinistisch dominierte Rat der Stadt Basel hatte ihn wegen Hinterziehung öffentlicher Gelder angeklagt. Mit der Darstellung wollte sich der Bürgermeister symbolisch unter den Schutz der Muttergottes stellen.
„Wir behandeln das Werk museal als Kunstwerk, nicht als Andachtsbild“, sagt die Kuratorin Sylvia Weber. Das 1,50 Meter hohe Ölgemälde hängt auf Augenhöhe der meisten Besucher.
Eine Sonderstellung nimmt das Werk auch innerhalb der Sammlung „Alte Meister“ ein. Anders als die Arbeiten von Lucas Cranach (1472-1553) oder Tilman Riemenschneider (um 1460-1531) ruht es in einer etwa fünf Quadratmeter großen konstant temperierten Vitrine und beansprucht eine ganze Wand für sich. Eine Absperrung verhindert zudem, dass sich die Besucher auf weniger als einen Meter nähern.
Zum Festakt anlässlich der Neupräsentation erwartet die Würth-Gruppe am Sonntag 2000 Gäste, unter ihnen Kulturstaatsminister Bernd Neumann. Der begrüßt die Ausstellung der Madonna: Angesichts der notwendigen Haushaltskonsolidierungen von Bund, Ländern und Kommunen seien Kunst und Kultur auch auf privates Engagement angewiesen.
Die Kunsthalle Würth, Lange Straße 35, in Schwäbisch Hall ist täglich von 11 — 18 Uhr geöffnet, Eintritt frei.