Einblicke in das Universum Richard Deacons
Hannover (dpa) - Es geht um Bewegung, um den schönen Schein und immer wieder um die Leere. Der Bildhauer Richard Deacon verwandelt universelle menschliche Erfahrungen in Kunst.
Für seine dynamischen Skulpturen schraubt, laminiert und verklebt er Stoffe, die häufig gar nicht zusammenpassen. Aus verdrehten Eichenhölzern und Stahlmanschetten entsteht zum Beispiel „Quick“ (2009) - eine Schlange, eine Achterbahn, vielleicht auch ein Luftwirbel oder eine Blutbahn.
Die Skulpturen wecken unterschiedlichste Assoziationen beim Betrachter. „Das ist einer der Wege, wie wir uns mit der Welt in Beziehung setzen“, sagte der Künstler am Freitag im Sprengel Museum Hannover. „Wir sehen Etwas in etwas Anderem.“
Die Schau „The Missing Part“ im Sprengel Museum zeigt bis zum 15. Mai Arbeiten aus 40 Schaffensjahren des Bildhauers. Neben 40 Skulpturen sind auch 80 Zeichnungen sowie Grafiken und Fotografien zu sehen. Es ist ein überbordendes Werk, wobei immer wieder Deacons Lust am Schauen, an der Fülle des Lebens, an Formen der Natur deutlich wird.
Die Werke entwickeln sich bei Deacon erst im Schaffensprozess. „Ich habe richtig Freude daran, Materialien zu manipulieren“, sagt der Bildhauer. Er versteckt aber nicht, welche körperliche Arbeit dahinter steht, wenn er Kanthölzer und Stahl scheinbar zum Schweben bringt. Vielfach sind Kratzer, Schrauben und Leimspuren auf den Objekten zu sehen.
„Deacon setzt nicht auf vordergründige Schau-Effekte, sondern schafft Dinge, die es so noch nie gegeben hat“, sagt Museumsdirektor Ulrich Krempel, der die Ausstellung gemeinsam mit einer französischen Kollegin kuratiert hat. „The Missing Part“ war - anders gestaltet - 2010 in den „Musées de la ville“ in Straßburg zu sehen.
In jüngster Zeit experimentiert der vielfach ausgezeichnete Künstler, unter anderem ist er Turner-Preisträger von 1987, häufig mit Ton und Keramik. Das rot glänzende, rundliche, gewellte Objekt „North - Fruit“ erinnert zum Beispiel an ein Gehirn, die durchsichtige Plastik „Beauty And the Beast A“ aus geschweißtem Polycarbonat an einen Eiskristall. Mit seinen poetischen Titeln legt der Künstler rätselhafte Fährten. Am liebsten möchte der Betrachter die Objekte anfassen.
Wenn es Zeit für eine Retrospektive wird, sei das immer eine schwierige Periode für einen Künstler, sagt der gebürtige Waliser. Glücklicherweise habe er aber schon einige neue Projekte in Aussicht. „Es ist nicht das Ende von Allem.“