Große Leonardo-Schau in Mailand
Mailand (dpa) - Wer in Italien seinen Cappuccino mit einem Euro bezahlt oder seine Krankenkassenkarte in Deutschland vorlegt, hat ihn schon oft in der Hand gehabt. Den vitruvianischen Menschen von Leonardo da Vinci.
Jene Zeichnung eines Lockenkopfes, der in einem Kreis und Quadrat mit ausgebreiteten Armen steht. Aber wer hat ihn schon mal in echt gesehen? Das Original wird in der Galleria dell’Accademia in Venedig aufbewahrt und wird nur sehr selten ausgestellt. Derzeit ist die Proportionsstudie neben vielen anderen Meisterwerken des Renaissance-Genies in einer großen da Vinci-Schau in Mailand zu sehen, die bis 19. Juli läuft.
Die Kuratoren haben zur Expo, die am Freitag in Mailand beginnt, etwa 200 Zeichnungen, Gemälde und Skulpturen des toskanischen Künstlers (1452-1519) aus den wichtigsten Museen der Welt zusammengetragen. Die Ausstellung im Palazzo Reale neben dem Mailänder Dom sei die größte und wichtigste Leonardo-Ausstellung, die in Italien jemals organisiert wurde, versprechen die Organisatoren.
Zu sehen sind unter anderem aus dem Louvre die Gemälde „Johannes der Täufer“ und „La Belle Ferronnière“ oder aus den Vatikanischen Museen der „Heilige Hieronymus“. Besonders spannend sind jedoch die vielen Studien da Vincis, die dem Besucher Einblicke in das Denken des Genies geben: Detaillierte Zeichnungen eines Pferdefußes oder zweier Krebse. Studien zu Kriegsgeräten, einem Tauchanzug oder zu mechanischen Flügeln - letztere stammen aus dem berühmten „Codex Atlanticus“.
Ziel der Ausstellung ist nicht, nur Blockbuster zusammenzustellen. Vielmehr soll da Vinci als Universalgenie gezeigt werden, dessen Wissensdurst unstillbar war und Technik, Wissenschaft, Geschichte, Kunst und Anatomie gleichermaßen umfasste. Dass er nicht außerhalb seiner Zeit lebte, zeigen parallel ausgestellte Werke von Zeitgenossen wie seinem Meister Andrea del Verrocchio und des Künstlers Sandro Botticelli.
Wie schwer es ist, eine solche Ausstellung zu organisieren, kann man sich nur ansatzweise vorstellen: Versicherungen, Transport, Anfragen an Museen weltweit. Keine Versicherung der Welt könnte einen Schaden an einem Werk wie dem vitruvianischen Menschen wiedergutmachen. Aus konservatorischen Gründen ist die Zeichnung daher nur befristet bis zum 17. Mai zu sehen.
Gut sechs Jahre haben die Organisatoren für die Schau gebraucht. Von einer „diplomatischen Schlacht“ und einer „gigantischen Verpflichtung“ sprach der Präsident des Kunstbuchverlags Skira, Massimo Vitta Zelman, der die Ausstellung mitorganisiert und vor allem mitfinanziert hat. Etwa 4,5 Millionen Euro soll sie gekostet haben.
„Uns ist vollkommen bewusst, dass unsere Auswahl weder komplett noch ausreichend ist“, schreiben die Kuratoren Pietro Marani und Maria Teresa Fiorio im Ausstellungskatalog. Das liege vor allem daran, dass viele Werke aus Sicherheitsgründen nicht transportiert werden dürften. Dazu gehört natürlich auch die „Mona Lisa“, die im Louvre in Paris hängt. Doch die Schau in Mailand kommt nicht daran vorbei, auf da Vincis berühmtestes Werk Bezug zu nehmen.
Im letzten Raum beschäftigt sich die Ausstellung mit dem Mythos Leonardo, der ganze Künstlergenerationen inspirierte. Dort hängen zum Beispiel Andy Warhols „White on white Mona Lisa“ (1979) und Marcel Duchamps Readymade „L.H.O.O.Q Shaved“ (1965), einer Spielkarte mit der wohl berühmtesten Frau der Welt.