Internationale Kunstfälscherbande: Viele Bilder — aber nur wenige echte
Eine internationale Bande hat massenhaft gefälschte Gemälde der russischen Avantgarde auf den Markt gebracht.
Köln. Verglichen mit dem jetzt aufgeflogenen Fälscherring betrieb der Kunstfälscher Wolfgang Beltracchi ein Familienunternehmen. Eine internationale Bande, spezialisiert auf russische Avantgarde von Jawlensky bis Malewitsch, haben Fahnder zerschlagen. Mehr als 400 Fälschungen soll die Bande für Millionen Euro verkauft haben. Über 1000 verdächtige Werke wurden bundesweit beschlagnahmt.
Nur eineinhalb Jahre nach der Verurteilung Beltracchis erschüttert der nächste Kunstfälscherskandal die Branche. Wieder stellt sich die Frage, warum die Kontrollmechanismen des Kunstmarkts versagt haben. Denn es ist seit vielen Jahren bekannt, dass russische Avantgarde massenweise gefälscht wird. Schon 2007 überschwemmten vermeintliche Werke der Künstler der frühen Sowjetzeit den deutschen Markt.
„Das Problem ist, dass man nicht weiß, wem man vertrauen kann“, sagt Robert Ketterer vom Münchner Auktionshaus Ketterer. Es gebe keine ähnlich verlässliche kunsthistorische Instanz für die Avantgarde-Kunst wie etwa für Picasso. „Experten kriegen Sie wie Sand am Meer.“ Die Herkunft der Kunstwerke, die in der Stalinzeit versteckt werden mussten, ist schwer zu recherchieren.
An der Schwachstelle Provenienz setzte der Fälscherring an. Massenweise türkte die Bande Zertifikate und gab die Bilder als bisher unbekannte Werke an. Als wichtigster Echtheitsbeweis gelten seit dem Beltracchi-Skandal aber naturwissenschaftliche Analysen. Der Chemiker Erhard Jägers, der in Bornheim ein Labor betreibt und auch einen von Beltracchi gefälschten Max Pechstein entlarvte, hat Werke geprüft.
Seit 15 Jahren untersuche er Werke der russischen Avantgarde. „Die Menge hat mich schon gewundert“, sagte Jägers. Doch auch chemische Analysen können nicht immer den letzten Beweis liefern. Denn viele Pigmente der 20er Jahre, Leinwände oder Rahmen könne man heute noch kaufen. „Wenn man nichts Falsches findet, kann man noch nicht beweisen, dass es echt ist.“
Katja Baudin, stellvertretende Direktorin des Kölner Museums Ludwig, hat auf den ersten Blick erkannt, dass der von den Ermittlern beschlagnahmte Malewitsch gefälscht sein muss. „Da war viel zu viel drauf auf dem Bild.“ Doch umfassende Analysen seien zeitaufwendig und teuer. Das Museum arbeitet auch die eigene Sammlung russischer Avantgarde kunsthistorisch auf. Bei einigen Werken werde geprüft, ob es Fälschungen sein könnten, sagt Baudin. „Was nicht koscher ist, wird auch nicht mehr ausgestellt.“