„Menschenbilder“ im Museum Frieder Burda
Baden-Baden (dpa) - Der Mensch, er hat zwei Beine, zwei Arme, einen Kopf mit Nase, Mund und Augen. Stoisch und mit verschränkten oder hängenden Armen blicken zwei Holzfiguren Klaus Balkenhols dem Besucher im Museum Frieder Burda entgegen.
Der Mensch, schlicht, ein wenig linkisch und hölzern - so einfach kann er aussehen. Aber so einfach ist er nicht, das zeigt die neue Schau „Menschenbilder“, die das Haus von diesem Donnerstag an bis zum 6. Januar an präsentiert.
Vielmehr ist der Mensch, oder das, was nach den so süßlichen wie kantigen Verherrlichungen der Nazizeit von ihm übrig blieb, erstmal wuchtige Figur, grobschlächtig und dreist. Im großformatigen Ölgemälden von Markus Lüpertz tritt er uns dreifach in olivgrüner Uniform entgegen, düster und gesichtslos behelmt, Eugen Schönebeck zeigt den chinesischen Diktator Mao im Porträt brutal und leinwandfüllend feist. Georg Baselitz malt den Unterkörper eines Mannes, der in gelber Hose auf einem Stuhl scheinbar schwebend sitzt.
Was im großen Saal des Museums noch ins Gesicht springt als formaler Aspekt des Menschen mit ausgemaltem Körper, beginnt beim Weitergang durch die Ausstellung zu verschwimmen. Gerhard Richter hat sein berühmtes Werke „Party“ regelrecht attackiert, aufgeschlitzt, wieder zugenäht und zugetackert. Die Menschen sind gleichsam vom Künstler verletzt und dem Kavalier zwischen den vier lachenden Damen trieft das Blut direkt in den von ihm gehaltenen Becher. „Es geht in diesem Bereich um Zerstörung und Verwischung“, erklärt Judith Irrgang, eine der Kuratorinnen. In „Le Bateau“ („Das Boot“) von Marc Desgrandchamps sitzt eine Frau in einem Boot, ihr gegenüber der Torso eines Mannes, schemenhaft wie auf dem Schauplatz eines Verbrechens.
Die letzte Ebene wird dominiert von dem schwermütigen Riesenporträt „Alex Katz“ von Christoph Schellberg, in dem Katz' melancholisch dunkle Augen im bleichen, wächsernen Gesicht den Besucher zu verfolgen scheinen. „Wir wollten hier die private, emotionale Seite des Menschseins zeigen“, sagt Kuratorin Christiane Righetti. „Was ist der Mensch, wo kommt er her, was macht sein Leben aus.“ Menschen werden in ihren Wohnungen, ihrem Schlafzimmer, ihrem Arbeitsumfeld gezeigt.
Erstarrt, leblos und gefangen in seinem bürgerlichen Umfeld ist der Mensch in zwei Triptycha von Almut Heise: Die eiskalte Symmetrie im „Weihnachtsbild“ macht frösteln. Wie ein Vorausgriff auf den Börsencrash erscheint das Bild „Die Jagd“ von Eberhard Havekost, in dem zwei Dutzend gesichtslose Börsianer das Bild wie hingewischt bevölkern, ständig in Bewegung, aber ohne jegliche Emotion. Auch ein Wiedersehen mit schon einmal hier gezeigten, verstörenden Foto-Installationen Gregory Crewdsons sind zu sehen. Der Mensch ist einsam.
„Menschenbilder“ ist eine emotionale Ausstellung, aufwühlend und traurig. Nur der letzte Raum öffnet sich versöhnlich: Tim Eitel malt in „Abend“ eine Frau fast romantisch vor einer Landschaft; auf dem Bild „Lagerfeuer“ von Frank Bauer sitzt eine Gruppe gemeinsam und gelöst im Feuerschein. Manchmal ist der Mensch nicht einsam.