Museum Weserburg kämpft um seine Eigenständigkeit
Bremen (dpa) - Sobald sich die Besucher den „Polnischen Trommlern“ von Rebecca Horn nähern, geht ein Höllenspektakel los. Der verstörende Trommelwirbel passt zur Zukunftsangst in der Weserburg Bremen.
Das Team in Europas erstem Sammlermuseum fühlt sich fremdbestimmt. Niemand weiß, an welchem Standort und in welcher Form das Museum weiter existieren wird. Erstmals in Europa wurde dort 1991 die Idee eines Sammlermuseums umgesetzt, in dem der Sammler nicht nur Leihgeber, sondern auch Mittler moderner Kunst ist.
Eine von der Weserburg einberufene Expertengruppe mit Kulturleuten, Politikern, Stiftungsrat und Denkmalpfleger lotet aktuell die Chancen eines deutlich kleineren Standortes nahe der Kunsthalle Bremen aus. Es geht um einen Anbau an das für Design-Ausstellungen bekannte Wilhelm Wagenfeld Haus in Kombination mit einem weiteren Um- und Neubau. Eine Entscheidung ist nach Angaben der Kulturbehörde frühestens am 9. Dezember zu erwarten.
Bisher hat die Gegenwartskunst in den 5000 Quadratmeter großen Kaffeespeichern auf der Weserhalbinsel viel Platz. Jetzt kämpft Horst Friese, geschäftsführender Direktor der Weserburg, um die weitere Eigenständigkeit seines Hauses: „Wenn die Öffentlichkeit nicht aufwacht, fürchte ich, dass all das sehenden Auges geopfert wird. Und dass dann die Weserburg zu einem traurigen Rest ihrer selbst und auf kleiner Fläche in den Wallanlagen zu einer nicht mehr wiedererkennbaren, indifferenten, auswechselbaren Darbietung zusammenschrumpft.“
Die Sanierung der alten Speicher und der Neubau kosten nach ersten Berechnungen von Architekt Michael Frenz in etwa das gleiche: jeweils rund neun Millionen Euro. Zwei Drittel wird das Museum aus dem Erlös versteigerter Kunstwerke wie dem berühmten Gerhard-Richter-Gemälde „Matrosen“ zahlen. Die restlichen drei Millionen Euro müsste die Stadt übernehmen. Für die wäre ein Umzug deutlich attraktiver, denn Bremen könnte dann die Speicherhäuser in bester Innenstadtlage an einen Investor verkaufen.
Klaus Sondergeld, Vorsitzender des Stiftungsrats Weserburg und Mittler zwischen Museum und Stadt, will im höchst verschuldeten Bundesland kein Risiko eingehen. In der Weserburg seien die Personalkosten zu hoch, die Besucherzahlen zu gering: „Kein Aufsichtsrat kann zulassen, dass er in die Pleite fährt.“ Am neuen Standort könnten sich Kunsthalle und Weserburg Personal, Technik und Werkstätten teilen: „Das sind Stellschrauben, um Betriebskosten zu sparen. Jahr für Jahr.“
Auch Kunsthallen-Direktor Christoph Grunenberg fordert in schwierigen Zeiten neue Ideen: „Wenn öffentliche Mittel eingefroren werden, zum Teil sogar schrumpfen, können wir uns nicht zurücklehnen und sagen, die Stadt ist verantwortlich.“ Viele internationale Museen hätten durch einen Zusammenschluss an Bedeutung gewonnen.
Professorin Andrea Sick von Bremens Hochschule für Künste fürchtet hingegen, dass eine Zusammenlegung von Weserburg und Kunsthalle zwangsläufig zu „einer Verminderung des Angebots und der Vielfalt der künstlerischen Haltungen in Bremen“ führt. Im Eingangsbereich der Weserburg zeigt Gegenwartskünstler Jean-François Guiton in seinem Video „Pendeluhr“ einen schaukelnden Mann unter einer Uhr. In der aktuellen Situation wirkt diese Arbeit wie ein Sinnbild für das Weserburg-Team, das auf ein Ende der quälenden Standortdebatte hofft.