Moderne Präsentationsformen Neue Dauerausstellung für das Deutsche Historische Museum
Berlin (dpa) - Das Deutsche Historische Museum (DHM) in Berlin soll eine neue Dauerausstellung bekommen.
Als eines der meistbesuchten Museen in der deutschen Hauptstadt müsse das Haus mit seiner 2006 eröffneten Schau zur deutschen Geschichte auf den Wandel der Sehgewohnheiten des Publikums und der wachsenden Zahl von Besuchern aus aller Welt eingehen, sagte der neue Museumspräsident Raphael Gross der Deutschen Presse-Agentur.
„Seitdem die jetzige Ausstellung eröffnet wurde, ist die Sammlung weiter gewachsen, es gibt neue historische Erkenntnisse, auch die Präsentationsformen haben sich geändert - darauf müssen wir reagieren.“
Jedes Jahr kommen mehr als 800 000 Besucher in das DHM, das neben der Ausstellung zu 1500 Jahren deutscher Geschichte im Zeughaus Unter den Linden auch Wechselausstellungen im dem vom Stararchitekten I.M. Pei entworfenen Anbau anbietet. Rund eine Million Objekte gehören zur DHM-Sammlung.
„In den vergangenen zehn Jahren ist unser Wissen gewachsen, auch die Fragen an die Geschichte haben sich verändert, selbst die Moden der visuellen Präsentation“, begründete Gross eine Überarbeitung der Ausstellung. Dafür brauche es aber Zeit. Auf dem Weg dahin könne das DHM in kleineren Ausstellungen „wie im Labor“ neue Formen der Präsentation erproben.
Europa stehe unter anderen mit dem „Brexit“ und der Situation mit der Türkei vor schwierigen Aufgaben. Das Museum könne mit „Konfliktausstellungen“ dazu beitragen, Debatten anzustoßen, Fragen zu stellen - „aber keine Talkshows zu Alltagsdebatten veranstalten, das kann das Fernsehen besser“, sagte der Historiker, der zuvor als Professor an der Universität Leipzig tätig war.
Das DHM müsse dazu verhelfen, die historische Urteilskraft der Besucher zu schärfen: „Wie beurteilen wir von der Gegenwart aus Vorgänge in der Geschichte, inwiefern sagt uns die Vergangenheit etwas über die Zeit, in der wir heute leben - darum geht es mir.“ Bei der Darstellung sollte sich das DHM maßgeblich auf seinen Fundus stützen. „Was wir können, ist mit Objekten umzugehen, vielleicht besser auch als andere Museen, weil wir eine exquisite Sammlung und ein wissenschaftlich breit aufgestelltes Team haben.“
Ob ein Friedensvertrag oder ein Alltagsobjekt - Gross spricht von den Ausstellungsstücken als „Kristallisationspunkte“ für unterschiedliche Sichtweisen auf die Vergangenheit. „Ein Besucher aus Namibia, der sich die laufende Ausstellung über den deutschen Kolonialismus anschaut, wird anders darauf reagieren als etwa ein Franzose.“
Allerdings, betonte, Gross, werde sich das Haus davor hüten, „eine lineare Geschichte anhand von dafür ausgewählten Objekten zu konstruieren: Das wäre ein nicht so guter Weg“.
Die Gründung des Museums war vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) unterstützt worden, um die westliche Perspektive zu untermauern. „Daraus hat zum Glück bereits der Gründungsdirektor Christoph Stölzel die klare Position des Hauses abgeleitet: Hier darf es keine Geschichtsschreibung von oben, vom Staat her geben. Dem kann ich mich gerne anschließen.“
Allerdings finde sich in der Geschichte des aus dem DDR-Museum für deutsche Geschichte und dem im Berliner Westen gegründeten Deutschen Historischen Museum die Geschichte des Landes wieder - auch in den einzelnen Lebenswegen der Mitarbeiter aus Ost und West. „Wenn wir das nicht nutzen, würde uns etwas entscheidendes verloren gehen“, sagte Gross.
Der 1966 in Zürich geborene Historiker war von 2001 bis 2015 Direktor des Leo Baeck Instituts in London, von 2007 bis 2015 zugleich
Direktor des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt/Main. Zwischen 2006 und 2015 leitete er dort das Jüdische Museum. Seit April 2015 war Gross Direktor des Simon-Dubnow-Instituts für Jüdische Geschichte und Kultur sowie Inhaber des Lehrstuhls an der Universität Leipzig.