Provozierende Kunst: Schutt aus Goebbels-Haus in Warschau

Mönchengladbach (dpa) - Der für seine verstörenden Raumskulpturen bekannte Künstler Gregor Schneider hat das Geburtshaus von Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels entkernen lassen und will den Schutt in Warschau ausstellen.

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„Die Arbeit soll erinnern und mahnen“, sagte Schneider am Donnerstag der Nachrichtenagentur dpa. Er bestätigte damit einen Bericht der Zeitung „Die Welt“. Schneider betonte, es gehe ihm mit dem Projekt keinesfalls um „Kommerzialisierung“.

Schneider hatte nach eigenen Angaben das Haus in Rheydt - heute ein Stadtteil von Mönchengladbach - 2013 gekauft, nachdem er eine Anzeige in einem Immobilienportal entdeckt hatte. Bei ihm sei es „in guten Händen“. „Es wäre unvorstellbar, wenn es zu einem Treffpunkt von Rechtsradikalen geworden wäre.“ Er finde es auch nicht richtig, wenn Menschen in das Haus ohne Wissen von dessen Geschichte eingezogen wären. Die Stadt Mönchengladbach bestätigte die Historie des Hauses. Goebbels sei dort 1897 geboren worden.

Er habe das Haus entkernt und werde den Schutt in einem Lastwagen ab Ende November vor der nationalen Kunstgalerie Zacheta in Warschau zeigen, sagte Schneider. Anschließend solle der Lastwagen an der Berliner Volksbühne Halt machen.

Zacheta-Sprecherin Marta Mis-Michalska sagte der Nachrichtenagentur dpa in Warschau, die Galerie vertraue darauf, dass ein Künstler vom Rang Schneiders nicht auf Sensationseffekte setze, sondern etwas ausdrücken wolle. „Als Galerie unterstützen wir vor allem die Freiheit der Kunst“, sagte sie.

Schneider, der Gewinner des Goldenen Löwen der Biennale in Venedig 2001, erregte immer wieder mit provokativen Rauminstallationen Aufsehen. Im Sommer ließ er die Synagoge Stommeln in Pulheim bei Köln hinter einer eintönigen Wohnhausfassade komplett verschwinden. Das jüdische Bethaus war als eine der wenigen Synagogen während der Nazi-Pogrome 1938 nicht zerstört worden.

Das Geburtshaus von Goebbels in Rheydt existiere inzwischen nur noch „als Skelett“, sagte Schneider. Ein Abriss sei aus statischen Gründen aber nicht möglich, weil dann das Nachbarhaus einzustürzen drohe. Er sei sich der großen Verantwortung bewusst, das Haus gekauft zu haben. „Es ist eine große Aufgabe, die mich auch belastet“, sagte er. „Dieser Ort ist zwar ein Geburtszimmer, aber er wird durch die Geschichte zu einem Täterort.“ Ihm gehe es darum, an die Millionen Opfer der Nazi-Diktatur zu erinnern. In Warschau wolle er eine „unmissverständliche Geste“ zeigen.

Schneider hatte bereits im Jahr 2000 im Zuge seines Biennale-Projekts erste Informationen zu dem Haus bekommen und Recherchen begonnen. Schneider stammt selber aus Rheydt und sagte, er habe 30 Jahre lang „in unmittelbarer Nachbarschaft“ zu dem Haus gearbeitet. Niemandem in seinem Bekannten- oder Familienkreis sei aber die Geschichte des Ortes bekanntgewesen.

Die künstlerischen Räume Schneiders sind immer politisch brisant, schockieren und verängstigen auch. Im Sommer hatte der Duisburger Oberbürgermeister Sören Link (SPD) kurzfristig Schneiders Projekt „Totlast“ gestoppt - ein Tunnelsystem, das in das Lehmbruck Museum eingebaut werden sollte. Das Kunstwerk erweckte nach Ansicht der Stadt Erinnerungen an die Loveparade-Katastrophe, bei der 21 Menschen 2010 zu Tode gedrückt wurden, weil die Zugänge für die Menschenmassen zu eng waren.