Kunst zum Wohlfühlen „Silo“-Museum in Antwerpen wiedereröffnet
Antwerpen (dpa) - Auf dem Papier klang das „Look and Feel“-Konzept des Museums für zeitgenössische Kunst in Antwerpen vor allem abstrakt. Mehr als dreieinhalb Jahre später ist daraus ein „Welcome“-Museum geworden.
Was das heißt? Man dürfe nicht den Eindruck haben, sich in einem Museum zu befinden, sagt Bart De Baere, der Direktor des Hauses, das 1985 in einen ehemaligen Getreidesilo mit Lagerhaus eingezogen ist.
Statt auf Museumskasse und Garderobe stößt man auf einen langen Holztisch, der jenen in den Klosteranlagen und Rittersälen des Mittelalters gleicht. Er thront inmitten des mehr als 200 Quadratmeter großen Raums, der mehr an einen Lesesaal aus dem 19. Jahrhundert erinnert. Man müsse sich sofort wohlfühlen, sagte Bart De Baere nach der Wiedereröffnung am vergangenen Wochenende.
Für mehr als eine Million Euro wurde die dreijährige Reflexion darüber, wie man Kunst zugänglicher machen kann, umgesetzt. Das Ergebnis ist eine fast völlig neue Innenraumgestaltung des Erdgeschosses. Die Museumskasse wurde diskret an das andere Ende des Eingangsbereichs verlegt. Dadurch wurde Platz für den langen Holztisch geschaffen, an dem man in aller Ruhe die Kunstkataloge und Künstlermonografien anschauen kann. Ohne Kontrollanlage und ohne zu zahlen kann der Besucher von dort aus gleich in die Dauerausstellung gehen.
Denn auch das ist neu: Ein Teil der 6 000 Werke umfassenden Sammlung, die unter anderem den Schwerpunkte auf die flämische Avantgarde ab 1960 legt, ist von nun an kostenlos. Unter den frei zugänglichen Arbeiten befinden sich wertvolle Arbeiten des amerikanischen Konzeptkünstlers Jimmie Durham und die berühmte Skulptur aus goldfarbenen Reißzwecken „Me, Dreaming“ von Jan Fabre.
Das „Look and Feel“-Konzept wurde von dem japanischen Architekten Tatsuro Miki und dem belgischen Designer Axel Vervoordt entworfen, derzeit einer der gefragtesten Raumgestalter. Vervoordt hat für Modemacher und Künstler wie Calvin Klein und Sting und für das britische Königshaus gearbeitet. Zusammen mit Miki entwarf er unter anderem für den amerikanischen Schauspieler Robert de Niro ein Penthouse auf dem Dach von dessen New Yorker „Greenwich Hotel“.
Vervoordt und Miki haben in Antwerpen für das neue „Look and Feel“- Konzept auch mit der japanischen Vorstellung von Leere und Raum gearbeitet, dem „Ma“. „Der Begriff der Leere hat im Japanischen keine negative Bedeutung. Im Gegenteil. Leere bedeutet Freiraum“, erklärt Miki. „Wenn sich zu viele Dinge in einem Raum befinden, verlieren sie an Bedeutung“, führt er weiter aus. Die Leere verleihe den Dingen nicht nur Inhalt und Schönheit, sondern erzeuge zudem das Gefühl von Ruhe.
Die Sonderwerkschau in den oberen Stockwerken heißt „A Temporary Futures Institute“. Gezeigt werden raumausgreifende Videos und Installationen, in denen es um die Frage nach den verschiedenen Formen von Zukunft geht. Auch hier endlos Platz, nur wenige Wände trennen die verschiedenen Ausstellungssäle voneinander. Der Titel steht beispielhaft für das mehr als 4 000 Quadratmeter große Museum. Denn für Bart De Baere sieht die Zukunft zeitgenössischer Kunsteinrichtungen so aus wie sein Haus nach der Wiedereröffnung: ein „Welcome-Museum“.