Warum Unternehmen Kunst sammeln

Essen (dpa) - Mit Strom und Gas verdient das Essener Unternehmen Eon sein Geld. Doch aktiv ist der Energieriese seit den 1980er Jahren auch auf einem Feld, das mit dem Energiemarkt zunächst so wenig zu tun hat, wie ein Kraftwerk mit einer Galerie.

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Eon sammelt Kunst, darunter wertvolle Arbeiten moderner und zeitgenössischer Künstler - von Otto Dix bis Gerhard Richter.

Ein Teil der 1800 Arbeiten umfassenden Sammlung aus den Beständen inzwischen fusionierter Konzerngesellschaften haucht seit kurzem dem zweckmäßigen Bau des Essener Verwaltungsgebäudes Farbe ein. Im Foyer empfängt ein riesiger grell-pinker Rupprecht Geiger, daneben Ellsworth Kellys schwarz-weißes Gemälde „Paname“ - mit einem Wert in Millionenhöhe eine der wertvollsten Arbeiten in Essen, schätzt Dorothee von Posadowsky, Leiterin der Kulturabteilung bei Eon Deutschland.

Im Flurgewirr zwischen den Besprechungsräumen sind Vertreter der konkreten Kunst mit ihren klaren Farben und Formen zu sehen. An den Bildern aus Beständen des Unternehmens Ruhrgas in der Chef-Etage im zwölften Stock lässt sich Unternehmensgeschichte ablesen: Skizzen aus der klassischen Moderne von Lyonel Feininger bis Otto Dix zeigen immer wieder Gaslampen und Gasometer.

„Stellen Sie sich vor, wie leer das hier ohne die Kunst wäre“, sagt von Posadowsky. Die Kultur an den Wänden wirke positiv auf Atmosphäre und Belegschaft. „Wir bekommen auch von Mitarbeitern immer mehr Anfragen, ob wir auch etwas für ihr Büro haben“, berichtet sie. Wo möglich, versuche man den Wünschen nachzukommen.

International haben Konzernkunstsammlungen ihre Ursprünge in den USA, wo erste „Corporate Collections“ Anfang des 20. Jahrhunderts entstanden. Die Idee, Kunst an den Arbeitsplatz zu bringen, schwappte zeitig auch nach Deutschland. Schon 1912 ließ der Chemiekonzern Bayer Kunst für sein Werk anfertigen und legte den Grundstein für die später rund 5500 Werke umfassende Sammlung. Heute investieren zahllose Firmen, von der Deutschen Bank bis zum Schokoladenhersteller Ritter, in Sammlungen.

„Der monetäre Wert ist teilweise enorm“, sagt Kunsthistorikerin Mathilda Legemah von Kulturkreis der Deutschen Wirtschaft. Kunst also als Kapitalanlage für schlechte Zeiten? Das sei ein Vorurteil, glaubt sie. „Es geht nicht primär um die vielzitierte Wandaktie, sondern um kulturelles Engagement nach innen und außen“. Und das werde zunehmend professionalisierter und öffentlicher: Kuratoren und externe Sachverständige betreuen die Sammlungen, machen sie durch Mitarbeiterführungen oder Ausstellungen zugänglich.

Eon-Deutschlandchef Ingo Luge will die Sammlung zuallererst als Bereicherung für die Mitarbeiter verstehen, nicht als Notgroschen: „Kunst hat einen Wert. Wir betreiben das aber nicht als Wertanlage“, betont er. Dass man Kunst auch wieder zu Geld machen kann, zeigte Eon im Frühjahr: Für umgerechnet 8,3 Millionen Euro versteigerte der Konzern ein Gemälde des Künstlers Jackson Pollock, um trotz Sparkurs sein Kultursponsoring finanzieren zu können. Wie sich Sparziele auswirken, will der Vorsitzende der Geschäftsführung nicht kommentieren. Er erlebe vielmehr die Wirkung, die Kunst am Arbeitsplatz erzielen kann, sagt Luge. „Die Mitarbeiter kommen über Kunst ins Gespräch. Das ist doch toll.“

Kultur unter dem Konzerndach ist aber nichts für die kunstinteressierten Massen: „Wir betreiben hier kein Museum“. Nur Mitarbeiter und Gäste mit Zugangskarte kommen in den Kunstgenuss.