Menschenleere Pracht-Räume
Candida Höfer präsentiert im Kunstpalast Stimmungsbilder der klassischen Fotokunst.
Düsseldorf. Candida Höfer (69) zählt neben Andreas Gursky, Thomas Struth und Thomas Ruff zu den bekanntesten Vertretern der Düsseldorfer Fotoschule. Im Gegensatz zu ihren einstigen Kommilitonen macht sie jedoch nicht viel Wirbel um ihre Person. Sie gibt sich wortkarg. Wer ein Lächeln auf ihren Lippen haben will, muss lange warten. Ihre Fotos aus den letzten Jahrzehnten blenden den Menschen aus. Noch nicht einmal einen Farbtupfer zum Zeichen eines menschlichen Wesens, wie bei Andreas Gursky, duldet sie in den Aufnahmen. Nun erhält die Kölnerin im Museum Kunstpalast eine Retrospektive mit Düsseldorf-Motiven und lässt sich sogar den Satz entlocken: „Ich habe es immer geschätzt, hier fotografieren zu dürfen.“
Die Perfektion und Klarheit im Motiv liegt allen ehemaligen Becher-Schülern im Blut. Die Begabung für die Innenaufnahmen hatte sie allerdings schon früh erlernt, als Volontärin im Atelier Schmölz-Huth, dem besten Fotografen für Architekturaufnahmen der 60er Jahre, als Fotostudentin an den Kölner Werkschulen und als Assistentin beim Werbefotografen Werner Bokelberg. Sie war also bestens geschult, als sie bei Bernd Becher 1976 mit 32 (!) Jahren anfing.
Keiner macht dieser Frau etwas vor, wenn es um den absoluten Blick, die Symmetrie in den Prachtbauten von Oper, Schauspielhaus oder Benrather Schloss geht. Ihr gelingt es, die Atmosphäre eines Raumes festzuhalten. Sie arbeitet ohne künstliches Licht, ohne Tricksereien am Computer. Sie muss keine Bilder farblich verfremden, neu zusammensetzen, sampeln, addieren, übereinanderschichten. Nichts dergleichen.
Ihre Fotos geben die Realität wieder, aber nicht als Dokument, sondern als Stimmungsbild. Da erscheint der Porzellanraum im Goethe-Museum mitsamt Empore, Teppich und Lüster wie eine Bühne kurz vor dem Auftritt einer unbekannten Person. Das Schauspielhaus gibt sich mit der Technikzentrale im Hintergrund wie ein großes Auge, das mit dem Betrachter des Bildes kommuniziert.
Vergleicht man Fotos aus ihren Anfängen mit denen der Gegenwart, so wird ein neuer Hang zum Minimalismus, fast schon zur konkreten Kunst deutlich. Die Künstlerin, die sich selbst so zurücknimmt, abstrahiert auch ihre Motive. Der Innenraum der Julia Stochek-Collection ist eine Komposition aus klaren Flächen zwischen Schwarz und Weiß in absoluter Symmetrie. Ihr spiralförmig sich verjüngendes Treppenhaus im Stahlhof oder das Foyer des Malkastens mit der organisch geschwungenen Treppe im Stil der 50er Jahre bringen gar eine grafische Note ins Bild. Die einander spiegelnden Scheiben und Lamellen im Dreischeibenhaus übersetzen die Architektur in einen vibrierenden Farbraum.
Im Zeitalter des schnellen Bildes, wo sich jedermann zum Schnappschuss berufen fühlt, ist in ihrem Werk alles festgezurrt, während das Licht langsam über einen Marmorboden oder eine Glaswand streicht.