Auftritt in Köln Mumford and Sons: Mehr Wumms und weniger Originalität

Köln · Ihre Akustikreduktion haben die Folkrocker hinter sich gelassen. Köln erlebte den letzten deutschen Tourauftritt.

Von allen Seiten mit Publikum umgeben: (v. l.) Ted Dwane,  Marcus Mumford und  „Country“ Winston Marshall beim Auftritt in Köln.

Foto: Thomas Brill

Dass die vier britischen Folk­rocker von Mumford & Sons die Nähe zu ihrem Publikum suchen, ist nicht neu. Auch in der Kölner Lanxess-Arena ziehen sie von einem Seiteneingang quer durch die Halle zur mittig gelegenen Bühne. Später, beim Song „Ditmas“ vom dritten Album „Wilder Mind“, wird sich Frontmann  Marcus Mumford wieder im Innenraum tummeln, über Absperrungen klettern und die Ränge hoch- und runterlaufen. Aber diesmal wirkt das Ganze nicht nur wie ein vertrautes Spiel, sondern auch wie ein Akt der Selbstvergewisserung: Habt ihr uns noch lieb?

Zehn Jahre ist es her, dass Mumford, Banjospieler Winston Marshall, Pianist Ben Lovett und Bassist Ted Dwane mit ihrem Debütalbum „Sigh No More“ die Folkszene aufmischten. Der  Nachfolger „Babel“ brachte es drei Jahre später gar zu Grammy-Ehren. Inzwischen haben die vier Musiker die 30 überschritten, eine Menge Folkstaub von den Schuhen geklopft, ihre Akustikreduktion hinter sich gelassen und den Bandsound elektrisch mächtig aufgepumpt.

Das Publikum geht den
neuen musikalischen Weg mit

Das Publikum, das  beweisen in Köln mehr als 17 000 Besucher, geht den Weg mit. Die Kritiker oft nicht. Für das Mitte November veröffentlichte vierte Album „Delta“ (griechisch: vier) gab es eine Menge Ablehnung. Die „Zeit“ spottete, der Name sei ein Hinweis darauf, dass die Musiker „zum vierten Mal in Folge ihre bisher schlechteste Platte gemacht haben“.

Die Band lässt sich davon nicht irritieren. In Köln sind die ersten beiden Alben nur mit jeweils drei Liedern vertreten, darunter die Mumford-Klassiker „Little Lion Man“, „The Cave“ und „I Will Wait“. Der Rest der 20 Stücke umfassenden Setlist wird von den neueren Songs dominiert. Aber bei aller Zuneigung der Fans: Es ist unübersehbar, dass die musikalischen Ursprünge der vier mehr mitreißen.

Das hat eben nicht nur damit zu tun, dass sie bekannter und vertrauter sind. Durch den größeren elektrischen Wumms bleiben ein Stück Originialität und die klare Melodieführung auf der Strecke. Der typische Songaufbau (ruhiger Beginn, ehe die Band loslegt wie die Feuerwehr) bewegt umso weniger, je mehr das wuchtige Schlagzeug, die Keyboards und der Bass nahelegen, dass er es tun soll.

Zu Beginn des Zugabenblocks versammeln sich Mumford & Sons noch mal für einen Akustikpart um ein einziges Mikrofon. Die begleitenden Tourmusiker, zur besseren Sichtbarkeit der Kernband in unglücklicher Wirkung nur auf abgesenkten Bühnenelmenten positioniert, haben Pause. „Wild Heart“, „Only Love“ und „Forever“, ausnahmslos Stücke der jüngsten Alben, machen deutlich, zu welcher Intensität die alte Instrumentierung nach wie vor taugt. Dann kehrt die australische Vorband „Gang of Youths“ für ein gemeinsames Cover auf die Bühne zurück, ehe das „Delta“-Finale im Glitterregen mündet.

Wie es musikalisch weitergeht? Vielleicht wissen es Mumford & Sons selbst noch nicht. Müssen sie auch nicht. Vor Konzertbeginn war aus den Boxen ein Bob-Dylan-Song zu hören gewesen. Dylan hat selbst oft genug Prügel für seine Wandlungen bezogen. Geschert hat es ihn nie. Der Song, der in Köln  abgespielt wurde: „Don’t Think Twice, It’s Allright“.