7 Fragen zum 70. und zu den 70ern an Udo Lindenberg
Hamburg/Gelsenkirchen (dpa) — In den Charts auf Eins, in Lebensjahren auf 70: Rockmusiker Udo Lindenberg wird derzeit nicht nur von seinen Fans gefeiert, rund um seinen Geburtstag (17. Mai) gab und gibt es in großen Berichten bis hin zu Themennächten in Radio und TV Würdigungen des Lindenberg-Werks.
Doch statt Rente wird gerockt: In der Schalke-Arena von Gelsenkirchen - mitten im „Ruhr-Gebeat“, wie er es schreibt - startet er seine nächste Tour. Er wolle schön oben bleiben „in der panischen Umlaufbahn“, sagt Lindenberg im Interview der Deutschen Presse-Agentur, die „Thermik“ sei gerade wundervoll.
Frage: Wie werden Sie heute feiern? Eigentlich machen Sie sich ja nichts aus Geburtstagen.
Antwort: Wir proben für unsere große Tourneepremiere im Stadion auf Schalke. Ich bin den ganzen Tag auf der Bühne mit meinem Panik-Orchester, wir lutschen einen Mega-Kanister Eierlikör weg auf die Goldenen Zeiten unserer Karriere. Wir haben 'ne zehn Meter lange Bar auf der Bühne für diverse Birthday-Überraschungsgäste. Da kommen viele Kumpel aus dem Ruhrgebiet. Ich singe durch das Stadiondach ein Dankeschön hoch an meine Eltern Hermine und Gustav - ist ja eigentlich eher der Ehrentag für sie.
Frage: Mit Ihrem neuen Album haben Sie es wieder an die Chartspitze geschafft, Ihr 70. ist in den Medien ein großes Thema bis hin zu Themennächten im TV. Wie erklären Sie sich dieses Interesse und die Beliebtheit?
Antwort: Die locker-lässige Art, die meine Panik-Band und mich auszeichnet, findet gigantische Resonanz in einem Land, das sich im Wandel befindet. Der Easy-Style ist in Deutschland nun endlich voll angekommen. Wir sind ein schön cooles und tolerantes Land geworden. Die paar ewig gestrigen National-Bedröhnten kriegen wir auch noch sensibilisiert. Die Panik ist eine Maßnahme zu mehr Geschmeidigkeit in Deutschland.
Frage: Sie haben ja aber auch ganz lange ganz andere Phasen erlebt. Erst abgeschrieben, jetzt angesagter als je zuvor.
Antwort: Es war ein harter Aufstieg aus der Alkohol- und Drogenpfütze wieder nach oben auf den Olymp. Endlich wieder hier oben angekommen zu sein, ist auch ein Geschenk vieler Millionen Sympathisanten. Dafür bin ich sehr dankbar und empfinde es als Auftrag der Fans, nicht so schnell wieder abzutauchen und hier oben weiterzupowern.
Frage: Wächst mit dem Erfolg auch die Angst vor einem neuen Absturz?
Antwort: Die Nachtigall hat jetzt das Gefieder eines Phönix-Vogels. Die Thermik ist wundervoll und hält mich bestimmt noch sehr lange oben in der panischen Umlaufbahn.
Frage: Vor mehr als 40 Jahren lebten Sie mit Komiker Otto Waalkes und Musiker Marius Müller-Westernhagen in einer WG in Hamburg. Nun stehen Sie wieder zusammen auf der Bühne. Welche Erinnerungen haben Sie an damals?
Antwort: Drei Hippie-Flippies in Hamburgs größter und verrücktester WG. Jeder zahlte 'n Hunni im Monat. Jeder hatte seine Aufgabe: Marius kochte das Rührei des Columbus, servierte das Knäckebrot der frühen Jahre, Otto reparierte das Wasserbett und Udo bestellte die Bierkisten a gogo. Dann stachen wir mit unserm Ruderboot übern Rondeelteich raus in die See (Alster) und hab'n uns geschworen: Wir werden große Stars. Wir wussten noch nicht genau, wie - nur, dass wir es packen. Das Trio Infernale, die glorreichen Drei, immer gut breit, man sagte auch: die Drei von der Schwankstelle.
Frage: Auf der Tour werden Sie 14 Konzerte in Stadien und Hallen spielen, jedes Mal fast drei Stunden auf der Bühne sein - haben Sie oder Ihre Panikfamilie keine Bedenken, dass das zu viel wird?
Antwort: Nein, unsere Kondition ist hammerhart. Wer wie wir jeden Tag eine Stunde joggt und Kickbox-Training macht, hat sehr gute Karten.
Frage: Gibt es Wünsche und Träume, die Sie sich noch nicht erfüllt haben?
Antwort: Ja, ich möchte noch eine Welt erleben, die das Elend von Krieg und Völkerverarsche überwindet und der Waffenindustrie den Stinkefinger zeigt. Die Waffenindustrie soll statt Panzer und Granaten tolle Hightech-Space-Raketen bauen - zur friedlichen Erforschung des Weltalls.
ZUR PERSON: Udo Lindenberg begann seine Musikerlaufbahn als Schlagzeuger, dann startete er seine Karriere als Sänger. Auf dem Album „Lindenberg“ (1971) sang er wie damals üblich noch auf Englisch - ein Flop. Im Jahr darauf folgte die Platte „Daumen im Wind“, 1973 dann der Durchbruch mit „Alles klar auf der Andrea Doria“. Lindenberg wurde zum Pionier der deutschsprachigen Rockmusik. 1992 bekam er bereits den Musikpreis Echo fürs Lebenswerk. Sein Comeback-Album „Stark wie Zwei“ (2008) wurde zum ersten Nummer-Eins-Album für ihn. Gleiches erreichte er mit „MTV Unplugged“ (2011) und dem aktuellen Werk „Stärker als die Zeit“.