Air und ihr neues Album "Love 2": Melancholische Träumer
Pop: Mit der Veröffentlichung von „Love 2“ könnte das französische Elektronik-Duo Air seinen bisherigen Erfolg bei Weitem übertreffen.
Düsseldorf. Wer die Musik des französischen Duos Air als "Easy Listening" charakterisiert, muss damit rechnen, dass Nicolas Godin und Jean-Benoît Dunckel alles andere als erfreut reagieren. "Easy Listening suggeriert, dass die Musik schlicht ist. Für den Fahrstuhl oder als Hintergrund-Füller im Supermarkt benutzt wird. Wir versuchen, emotionale Musik zu schreiben, mit bedeutenden Gefühlen", sagt Dunckel.
Emotionale Musik - die lassen die beiden Franzosen entstehen, indem sie eine Symbiose aus Elektronika und Singer-Songwriter-Qualitäten erschaffen. Verträumt, leicht melancholisch und melodiös wabern ihre Soundtüfteleien aus den Lautsprechern - perfekt, um an einem ruhigen Sonntagnachmittag im Lieblings-Sessel zu entspannen.
"Unsere Songs sind wie Träume. Wir versuchen, der Realität zu entfliehen", sagt Dunckel. Air gelten als unverhohlene Romantiker. "Das ist für uns ein Lebenskonzept. Ziel ist es, ein kaltes Leben zurückzuweisen, das zu stark kontrolliert ist. Nah an unseren Leidenschaften zu leben. Etwas zu wagen."
Etwas gewagt hat das Duo beim Entstehungsprozess seines neuen Albums "Love 2", mit dem es sich zu seinen Wurzeln zurückbewegt. Elf Jahre nach ihrem furios gefeierten Debüt-Album melden sich Air bei ihren Fans nun mit ihrem neuen Werk zurück, das über das Potenzial verfügt, den Erfolg von "Moon-Safari" bei Weitem zu übertreffen. Damals, 1998, gingen binnen eines Jahres über eine Million CDs über den Ladentisch - nicht nur in ihrer Heimat Frankreich.
Die Singles "Sexy Boy", "Kelly Watch The Stars" und "All I Need" wurden in ganz Europa zu Chart-Erfolgen. Praktisch über Nacht wurden Godin und Dunckel, die zuvor zurückgezogen in der Vorstadt lebten, zu Popstars. Ein Umstand, der den beiden anfänglich überhaupt nicht behagen wollte. So sagte Nicolas Godin im Jahr 2000 in einem Interview: "Alle sehen uns als Popstars, dabei höre ich selbst gar nicht so viel Popmusik. Mich beeinflussen ganz andere Sachen, wie beispielsweise ,Sly And The Family Stone’."
Air geben ihre ersten Live-Konzerte als Elektronik-Duo: Der ehemalige Physik-Student Nicolas Godin tritt mit Gitarre auf, während sich der Jung-Architekt Jean-Benoît Dunckel hinter einem Schutzwall aus Tasten-Instrumenten versteckt. Ihre Konzerte sind unspektakulär, lassen jedoch bei den Zuhörern ein wohliges Gefühl der Wärme und Geborgenheit entstehen. Vielleicht bleiben sie deshalb und aufgrund des fehlenden Personen-Kultes allen Besuchern noch lange in guter Erinnerung.
Doch dann entscheiden sich Air, einen neuen Weg einzuschlagen. Ihre nächsten Werke, wie beispielsweise der Soundtrack zu Sofia Coppolas Regie-Debüt "The Virgin Suicides", werden düsterer, verlieren die Leichtigkeit des ersten Werkes. Bis sie schließlich 2004 "Talkie Walkie" veröffentlichen. Mit ihren einfühlsamen Singles "Cherry Blossom Girl" und "Alpha Beta Gaga" nehmen Air wieder Kurs auf eingängigere Softpop-Gefilde.
An diesen Erfolg knüpfen Air nach weiteren Alben endlich wieder an. Die genial ausgetüftelten, elektronischen Lovesongs mit einfachem textlichen Inhalt sind in ihrem neuen Studio entstanden - in Jam-Sessions mit dem Schlagzeuger Joey Waronker. Das Ergebnis des für Air neuen Aufnahme-Konzeptes: Auch etwas rockigere Stücke, wie die kostenlose Vorab-Single "Do The Joy" und "Be A Bee", haben es auf das selbstproduzierte Album geschafft.