Al Di Meola: Musik aus purer Leidenschaft

Die Beschäftigung mit den Beatles hat seine Liebe zu einfachen, aber großen Melodien neu entzündet. Al Di Meola arrangiert vierzehn Kompositionen neu — für die akustische Gitarre.

Düsseldorf. Die Beatles veröffentlichten vor 50 Jahren ihr erstes Album. Al Di Meola verblüfft auf seinem Album „All Your Life“ mit instrumentalen Neufassungen von Fab-Four-Klassikern wie „Michelle“, „Penny Lane“ und „Eleanor Rigby“. In seiner vier Jahrzehnte umspannenden Karriere leistete Di Meola sowohl auf dem Gebiet der akustischen als auch auf dem der elektrischen Gitarre Pionierarbeit. Wir sprachen mit dem 59-jährigen Amerikaner, der mit Return To Forever den Jazzrock revolutionierte und mit John McLaughlin und Paco De Lucia legendäre Alben aufnahm.

Mister Di Meola, Ihr jüngster Streich heißt „All Your Life — A Tribute To The Beatles“. Wollten Sie mit dieser Platte die Musik der Fab Four neu erfinden?

Al Di Meola: Ich dachte einfach nur, mit dem Stil, den ich im Laufe der Jahre entwickelt habe, könnte ich der Musik der Beatles etwas Neues hinzufügen. Das große Wort „Neuerfindung“ wäre mir selbst nie in den Sinn gekommen; ich liebe die Beatles so wie sie sind. Ich wollte von diesen Kompositionen so viel intakt lassen wie möglich und gleichzeitig meine eigene Note mit hineinbringen. Es ist ein Projekt aus purer Leidenschaft.

Was ist aus Ihrer Sicht charakteristisch für die Songs der Beatles?

Di Meola: Das wunderschöne, harmonische Klangbild. John Lennon und Paul McCartney befanden sich in einem sehr gesunden, dynamischen Wettbewerb. Das hat sie dazu befähigt, sich von Album zu Album zu steigern. John hat vom ersten Tag an schier unfassbare Musik geschrieben, und Paul hat sich wahnsinnig schnell weiterentwickelt. Sie feuerten sich im Studio gegenseitig an.

Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Ihrer Musik und der Musik der Beatles?

Di Meola (lacht): Nicht offensichtlich. Aber es wurde immer wieder hervorgehoben, dass auch meine Musik auf besondere Weise melodisch sei. Wenn ich selbst im Studio war, habe ich mich oft gefragt: Wie hätten es wohl die Beatles gemacht? Einmal habe ich sogar das Schlagzeug nur auf einen Kanal gelegt, was seit den Beatles sonst niemand mehr getan hat.

Haben Sie beim Produzieren dieser Platte etwas Neues in der Musik der Beatles entdeckt?

Di Meola: Ich sage es mal so: Die Beschäftigung mit den Beatles hat meine Liebe zu einfachen, aber großen Melodien neu entzündet.

Könnten Sie sich vorstellen, Popsongs im Stil der Beatles zu schreiben?

Di Meola: Nein, denn ich singe nicht. Ich habe es in meiner Karriere einmal versucht, aber ich werde Ihnen jetzt nicht sagen, wo (lacht). Mir ging es eher darum, meine Welt auf die Welt der Beatles treffen zu lassen und zu schauen, was dann passiert.

Hätten Sie es gern gehabt, dass George Martin Ihr Album produziert?

Di Meola: Nein, denn ich hätte wahrscheinlich mein Haus verkaufen müssen, um mir den Beatles-Produzenten leisten zu können. Es ging mir auch nicht darum, eine opulente Produktion im Stile George Martins zu realisieren, sondern ich wollte etwas ganz anderes — nämlich eine minimalistische Solo-Gitarren-Platte. Also das Gegenteil einer Beatles-Produktion.

War Ihnen bewusst, dass Sie mit diesem Projekt heiligen Boden betreten würden?

Di Meola: Absolut. Ja, die Musik der Beatles ist auch für mich irgendwie sakral. Ich habe großen Respekt vor diesen Songs. Zum Glück gaben mir Leute, die mit dem Werk der Fab Four extrem vertraut sind, ihren Segen.

Träumen Sie davon, einmal mit Ihrem Idol Paul McCartney zu spielen?

Di Meola: Der Clou wäre gewesen, wenn Pete Best (erster Schlagzeuger der Beatles, Anm. d. Red.) auf dem Album Schlagzeug spielt. (lacht) Schade, dass ich da erst jetzt drauf komme.

Welches ist Ihr Lieblingssong der Beatles?

Di Meola: Oh, davon gibt es viele. Nachdem die Beatles 1966 entschieden hatten, nicht mehr auf Tour zu gehen, konnten sie sich voll und ganz aufs Songschreiben konzentrieren. Deshalb sind in dieser Zeit ihre besten Alben entstanden, zum Teil unter sehr experimentellen Bedingungen mit Sitars, klassischen Instrumenten und Bläsern. „Sergeant Pepper“, „Magical Mystery Tour“ und das „White Album“ klingen auch heute noch atemberaubend. Dabei waren John, Paul, George und Ringo damals gerade mal Mitte zwanzig. Mit ihrem Avantgarde-Pop haben sie die Weltmusik um 20 Jahre vorweg genommen. Das meiste, was heute herauskommt, klingt dagegen wie Mist. Jetzt höre ich mich bestimmt an wie ein alter Sack! (lacht) Aber Ich weiß, wovon ich rede.

Konzerte: 12. Mai 2014 Siegen; 16. Mai Marburg; 23. Mai Münster; 24. Mai Rheda-Wiedenbrück