Deutschland-Auftakt Coldplay-Auftakt im Düsseldorfer Regen
Düsseldorf · Richtig nass wurde es für Sänger Chris Martin und seine Bandkollegen beim ersten von drei Konzerten der „The Music of the Spheres World Tour“ in Düsseldorf. Doch das sollte die gute Stimmung nicht schmälern.
Es gibt sicher Angenehmeres für eine Band als im prasselnden Gewitterregen für den ersten Song des Konzerts auf die Bühne gehen zu müssen. Doch Chris Martin und seine Jungs von Coldplay, die am Samstagabend ihre erste von drei ausverkauften Shows im Düsseldorfer Stadion spielten, lächelten dieses Problem einfach weg, ließen sich nicht von den dicken Regentropfen beirren, die nicht nur die Bühne, sondern auch den kompletten Innenraum unter Wasser setzten. Ganz allein im Scheinwerferlicht scheint Frontmann Chris Martin die Regendusche an diesem ansonsten warmen Sommertag fast schon zu genießen - auch wenn er schon nach dem ersten Song völlig durchnässt ist.
Ausgerechnet „Higher Power“ hat sich die Band als Eröffnung ausgesucht für diesen Abend, der den Menschen ein wohliges Lächeln auf die Lippen zaubern wird. So kennt man die britische Pop-Rock-Band bereits aus früheren Jahren: Bei ihren Konzerten schafft sie eine Wohlfühlatmosphäre, aus der so manch einer wohl gar nicht mehr ausbrechen mag. Weil auch abseits der Musik vieles so gut klingt: Die Energie für das Konzert selbst produzieren? Kein Problem mit dem kinetischen Boden, der die Schwingungen in Energie umwandelt, oder mit den Powerbikes im Innenraum, auf denen es sich prima strampeln und schwitzen lässt. Da kommt die Abkühlung durch den Regen, der durch das geöffnete Stadiondach prasselt, wie gerufen.
Auch Chris Martin scheint sich mit dem Wetter immer mehr abzufinden. Er nimmt es hin, dass es einmal kurz Tonaussetzer gibt, dass ihm das Konfetti immer wieder im nassen Gesicht oder auf den Händen klebt, die immer dann auf den riesigen LED-Screens eingeblendet werden, wenn er mal wieder allein am Piano sitzt. Nach dem vierten Song - „Paradise“ - sagt er dem Regen auf deutsch zwar auf Wiedersehen. Die Schleusen aber bleiben geöffnet, sodass die vielen Helfer immer wieder über die Bühne flitzen, um das Wasser von selbiger zu kehren. Chris Martin und seine Jungs brauchen schließlich größtmögliche Sicherheit, wenn sie zwischen den drei Bühnen wechseln oder beim Song „Aliens“ selbstironisch mit Alienmasken auf dem Kopf tanzen.
Chris Martin überrascht mit einem geplanten Schockmoment
Das Publikum saugt all diese Szenarien förmlich auf, erfreut sich an Hits wie „Viva la Vida“, „Hymn for the Weekend“ und „Everglow“. Letzteren Song widmet Martin Taylor Swift, die in der vergangenen Woche während ihrer Deutschland-Tour im Düsseldorfer Hotel Breidenbacher Hof genächtigt hatte. Die Superstars der Branche haben sich offenbar verpasst, die Idee mit den Armbändern, die jeder kostenlos zur Leihe erhält und die je nach Song unterschiedlich leuchten, teilen sie aber offenbar. Fast könnte man meinen, sie ersetzen das klassische Feuerzeug oder die Taschenlampen-Funktion des Handys, sodass dieses in der Tasche bleiben kann. Doch weit gefehlt: Fast ab der ersten Note gehen die Handys in die Höhe, um Erinnerungen für die Ewigkeit auf die Festplatte zu bannen - bis zu dem Punkt, an dem Coldplay unmittelbar vor dem Höhepunkt von „Sky full of stars“ abrupt abbrechen und das Ende der Show verkünden.
Ein geplanter Schockmoment und „ein dummer britischer Witz“, wie Martin gesteht. Doch einer mit einem tieferen Sinn. Den Song gibt es unmittelbar danach noch ein zweites Mal - vollständig diesmal und nach einer eindringlichen Bitte auch ohne Kameras zumindest für die nächsten vier Minuten, die mit einem kleinen Feuerwerk vom Stadiondach enden, das auf wundersame Weise trocken geblieben ist. Und dann gehen Sänger Chris Martin, Gitarrist Jonny Buckland, Bassist Guy Berrman und Schlagzeuger Will Champion tatsächlich von der Bühne.
Sie lassen sich allerdings nicht lange vom Publikum bitten. Lautstark hat das Düsseldorfer Publikum nach einer Zugabe verlangt und die soll es noch einmal in sich haben nach rund anderthalb Stunden. Mit „Sparks“ und dem absoluten Coldplay-Hit „Fix you“ gibt es zwar auch ruhigere Töne, doch spätestens bei „Humankind“ kann auf dem kinetischen Boden wieder richtig viel Energie erzeugt werden. Doch Coldplay wären nicht Coldplay, wenn sie nicht auch an diesem Abend eine Botschaft senden würden. Mit den rund 50 000 Fans schickt die Band Friedenswünsche hinaus in die ganze Weit, vor allem dahin, wo Kriege toben. Die Finger der Fans wackeln dazu wie beim Anfang einer La-ola-Welle, während ein Countdown läuft und im Abschlussfeuerwerk mündet. Der mehr als passende Abschluss einer knapp zweistündigen Reise durch die Klangwelt der britischen Band.