Die „Grosse“: Traditions-Kunst-Verkaufsaustellung im Düsseldorfer Kunstpalast mit 650 Werken Wenn Segeltücher Räume verändern
DÜSSELDORF · . Wie das Endstück einer Turbine oder einer Pipeline sieht die Spirale aus, die, wie in einer Montage-Halle, hinter einer Glasscheibe liegt. „Präparat“ nennt Jáchym Fleig das schwarz-rosa gestreifte Objekt aus Kunststoff.
Genauer: aus Poly-Urethan. Daneben hängt an der Wand ein zersplitterter, verschraubter Schädel in Olivtönen und Orange-Sprengseln. In einer Nische erkennt man eine Stachelbeere. So nennt die Malerin Johanna Flammer ihr Fantasy-Gebilde „Stillleben mit Stachelbeere“. Oder: eine originelle Foto- und Tapetencollage „Frauen in Führungspositionen“ von Christina Böckler. Kleine und große Gemälde in Öl und Mischtechniken, figürlich oder abstrakt, zahlreiche Grafiken und Skulpturen für Innen- und Außenräume aus mannigfachen Materialien und Installationen: Die „Grosse“ bietet 2024 Kunstsammlern verschiedenen Alters mal wieder einen immensen Facettenreichtum
Gediegen und einladend gibt sich die Verkaufsschau im Kunstpalast – organisiert vom VdK (Verein zur Veranstaltung von Kunstausstellungen e.V.“) und erstmals geleitet von Emmanuel Mir. Der französische Kunst-Vermittler und die Jury aus früheren Teilnehmern offeriert in diesem Jahr etwa 650 Werke von insgesamt 165 Künstlern. Und zwar im Kunstpalast und im benachbarten NRW-Forum, ebenfalls im Ehrenhof.
Neben den klassischen Disziplinen sind, schon traditionell, Fotografie und Video reichlich vertreten. Wie in den vergangenen Jahren sind mehr als 300 Kleinformate, einige sogar in Ölfarben, zu erwerben – bereits ab 400 Euro, direkt im ersten Raum, Saal 1.
Das Angebot reicht bis zu fünfstelligen Summen für (Außen-) Skulpturen, zum Beispiel das Objekt von Anja Schubert für 44 000 Euro. Aus 78 kleinformatigen Öl-Papierarbeiten in leuchtenden Farben besteht indes die ästhetisch beflügelnde Mosaik-Installation von Anica Hauswald – zum Preis von 117 000 Euro. Sicherlich werden auch öffentliche Förderer ihren Ankaufsetat ausschöpfen. Kultur-Dezernentin Miriam Koch sichert für Düsseldorf 135 000 Euro für die Förderung zu und 86 000 Euro, um Kunstwerke zu erwerben. Die Ankauf- und Förder-Summen des NRW-Kulturministeriums standen am Donnerstag noch nicht fest.
Der Blickfang in der ersten Kunstpalast-Etage: Segeltücher in Orange-Ocker-Farben in eine Raumecke gespannt. Schräg installierte und wie Segel gespannte Stoffbahnen führen die Dimensionen eines Raums mit haushohen Wänden, Ecken und Kanten plastisch vor Augen – wenn sie sie auch zu, Teil verdecken. Das elegante Jonglieren zwischen zweiter und dritter Dimension mit ineinander gefalteten Tüchern hat Alke Reeh eigens für den Kunstpalast entworfen. Denn die frühere Meisterschülerin von Klaus Rinke (sie studierte in 1980ern) mit friesischem Vornamen wird in diesem Jahr mit dem Kunstpreis der Künstler für ihr Lebenswerk geehrt. Sie verwandelt Räume optisch durch Stoffe, Gips, Holz oder Papier. Architektonische Gebilde kreiert Reeh mit reißfestem Segeltuch, spannt es manchmal sogar schlicht und funktional über Campinghocker. Oder, wie bei einer dunkelblau-weißen Riesenrosette, näht sie zig Meter Jeansstoff in Flächen und Vertiefungen zusammen – zu sehen im NRW-Forum. Es überrascht, dass Reeh durch keine deutsche Galerie in Europa vertreten wird, sondern überwiegend in Indien (Mumbai) ausstellt und sich dort einen Namen gemacht hat.
Poppige Motive aus dem Alltag indes kombiniert Sophie Ulrich auf ihren Bildern mit Ölfarben in Pastelltönen, die scheinbar auf der Leinwand schwimmen. Die junge Schweizer Malerin, die bis 2018 an der Kunstakademie Düsseldorf studierte, erhält den Förderpreis. Auf ihren Farb-Tableaus mit implantierten Vignetten (man erkennt Gegenstände oder figürliche Elemente) fügen sich zwei Welten zusammen. Erstaunlich harmonisch wirken die Gebilde, die ihren Ausgang meist in wilden Welten haben. Auch sie stellt meist in Übersee aus: So kehrt sie zur Preisverleihung und Eröffnung aus Miami zurück, wo sie gerade eine Einzelausstellung hatte.
Ein dritter Preis wird erst am Ende der „Grossen“, Ende Juli, verliehen: Beim Publikumspreis können Besucher an einer Verlosung teilnehmen – und damit 2025 eine Sonderführung durch die „Grosse“ für eine Gruppe bis zu 20 Personen gewinnen. Eine weitere Neuheit ist, dass man verstorbene Mitglieder des Vereins würdigt und ehrt. So hängt in einer Koje eine der monumentalen Schreibmaschinen-Gemälde von Konrad Klapheck, der im Juli 2023 starb. Klar, dass das Bild als Leihgabe des Kunstpalasts unverkäuflich ist.
Neu ebenfalls: eine Soirée mit DJ-Sets, Food-Trucks, kurzweiligen Performances und Führungen, jeden Donnerstag, 18-21 Uhr. Matinées: jeden Sonntag 11.55 Uhr, unter anderem mit Künstlergesprächen und Performances.
Bis 28. Juli, Eintritt 12 bzw. 8 Euro. Führung: 5 Euro. Katalog: 10 Euro. Sonderführungen (auch für Schulklassen): verkaufsbuereau@diegrosse.de