Fußball-EM „Für uns war die EM etwas Grandioses“

Krefeld · Matthias Herget war bei der Europameisterschaft in Deutschland 1988 Libero der Nationalmannschaft – heute vor 36 Jahren war im Halbfinale Schluss.

Im Spiel gegen Italien am 10. Juni 1988 kam Deutschland nicht über ein 1:1 hinaus. Danach steigerte sich das Team um Libero Herget.

Im Spiel gegen Italien am 10. Juni 1988 kam Deutschland nicht über ein 1:1 hinaus. Danach steigerte sich das Team um Libero Herget.

Foto: Imago

Gerade erst hatten sich die Legenden des FC Bayer 05 Uerdingen nach langen Jahren wiedergetroffen, fast wie bestellt zum Auftakt der Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land. Sie feierten sich und ihre große Zeit zum Ende der 80er Jahre mit den sportlichen Höhepunkten, dem Pokalsieg 1985, dem Jahrhundertspiel gegen Dynamo Dresden 1986 und den beachtenswerten Auftritten im Europapokal gegen Atlético Madrid. Bei der letzten Europameisterschaft im eigenen Land 1988 war Uerdingens Libero Matthias Herget Stammspieler in der Nationalmannschaft unter Teamchef Franz Beckenbauer und absolvierte alle vier Spiele bis zum bitteren Ausscheiden mit der 1:2-Niederlage durch das Tor von Marco van Basten im Halbfinale gegen die Niederlande in Hamburg eine Minute vor Spielende – heute, am 21. Juni, auf den Tag genau vor 36 Jahren.

36 Mal spielte Herget für Deutschland als Libero

Die Stimmung sei damals auch fantastisch gewesen, sagt Herget. „Aber das ist natürlich nicht mit dem zu vergleichen, was heute abläuft und wie die Fans feiern.“ Gleichwohl sei es „für uns Spieler etwas Grandioses gewesen“, eine Europameisterschaft mit einer derartigen Begeisterung im eigenen Land spielen zu können. 39 Mal spielte Herget für Deutschland als Libero. Es wäre mehr geworden, hätte er sich nicht vor der Weltmeisterschaft 1986 im letzten Testspiel so verletzt, dass er in Mexiko nicht mehr eingesetzt werden konnte. Umso ereignisreicher war daher die Heim-EM für den technisch nach Franz Beckenbauer wohl elegantesten Spieler auf der Liberoposition in der deutschen Nationalmannschaft.

Der Start ins Turnier war
holprig mit 1:1 gegen Italien

Anders als der fulminante Auftakt gegen die Schotten mit dem 5:1, startete die DFB-Auswahl seinerzeit eher verhalten mit einem 1:1 gegen Italien. Allerdings spielten diese Europameisterschaft nur acht Mannschaften in zwei Gruppen statt wie aktuell 24 Teams in sechs Gruppen. Herget: „Wir haben uns dann aber gesteigert, Dänemark 2:0 besiegt und Spanien auch mit 2:0 geschlagen.“ Die DFB-Auswahl war damit Gruppenerster aufgrund des besseren Torverhältnisses mit den punktgleichen Italienern. Im Halbfinale warteten dann die Niederlande als Gruppenzweiter hinter der Sowjetunion, die dann im Finale gegen Oranje 0:2 unterlag, während sie in der Gruppenphase den späteren Europameister noch mit 1:0 besiegt hatte.

Die Variante mit Füllkrug
für Havertz hat Wirkung

Vom Auftakt der aktuellen Nationalmannschaft war Herget angetan: „Allerdings haben die Schotten auch eine sehr enttäuschende Leistung präsentiert.“ Herget gefällt die von Bundestrainer Julian Nagelsmann im Frühjahr neu konzipierte Auswahl. Herget: „Ich finde, die Achse, die er entwickelt hat, gut. Jede erfolgreiche Mannschaft braucht eine solche Achse. Je besser sie funktioniert, desto erfolgreicher ist ein solches Team.“ Neuer, Tah, Rüdiger, Kroos, Gündogan und Havertz – darum orientiere sich alles. Die Variante mit Füllkrug für Havertz habe auch Wirkung. Herget: „Er ist ein ganz anderer Typ Spieler und wenn er reinkommt, muss sich die gegnerische Abwehr auf das veränderte Anforderungsprofil umstellen.“ Die Diskussionen um Manuel Neuer, der einige Unsicherheiten offenbarte, ordnet er als Luxusproblem ein. Herget: „Für mich ist die Kritik Blödsinn.“