Neue Präsentation in der Düsseldorfer Kunstsammlung NRW: „Raus ins Museum“ zeigt Top-Werke des Hauses Die Kunstsammlung wird weiblicher

DÜSSELDORF · . Die Kunstsammlung NRW (K 20) ist einzige Staatsgalerie im bevölkerungsreichsten Bundesland – und strahlt in neuem Glanz. Und ruft „Raus ins Museum! Rein in Deine Sammlung!“. Ein Aufruf, der pünktlich zum Beginn der Sommerferien wie eine Ermunterung gemeint ist.

Das Neue an der Präsentation: Die Masterpieces der ganz Großen des 20. Jahrhunderts werden direkt konfrontiert mit moderner Kunst.

Das Neue an der Präsentation: Die Masterpieces der ganz Großen des 20. Jahrhunderts werden direkt konfrontiert mit moderner Kunst. Bei den 180 Kunstwerken, die zwischen 1904 und 2022 entstanden, kommt es zu teilweise überraschenden Begegnungen. Einen Hinweis darauf gibt der Untertitel „Meisterwerke von Etel Adnan bis Andy Warhol“.

„Globaler, weiblicher, diverser“. So sollen Inhalt und Schätze des prächtigen schwarzen Marmorklotzes am Düsseldorfer Grabbeplatz den rund 18 Millionen NRW-Bürgern näher gebracht werden.

Der versierten Kuratorin und Direktorin Susanne Gaensheimer gelingt mit der Neupräsentation der Sammlung in 20 Räumen eine belebende, manchmal sinnliche und publikumsnahe Gegenüberstellung von verschiedenen Künstler-Generationen und Genres. Der Rundgang beginnt mit dem Porträt, das Otto Dix einst malte von der legendären Kunsthändlerin „Mutter Ey“ der 1920er Jahre, weiblich: Wie eine Fürstin in lila Robe vor rotem Tuch posiert die Schutzpatronin der Expressionisten im „Jungend Rheinland“.

Die Hängung orientiert sich weder an Chronologie noch am Bekanntheitsgrad oder an Kunstmarkt- oder Auktions-Preisen. Der neue Rundgang ist geordnet nach 20 Themen (wie abstrakter Kunst, Gewalt, Krieg, Entstehung der Sammlung etc.). Besonders erfreulich ist eine Neuerung, die zum Vorbild für Museen werden sollte: Die deutschen und englischen Einführungstexte an 20 wandhohen Texttafeln verzichten auf Fach-Chinesisch und komplizierten Satzbau. Eine Berliner Sprach-Agentur sorgt für kurze, einfache Sätze, verständlich für jeden Besucher.

Schwellenängste baut auch der neue E-Guide ab: Unter einem beliebigen Stichwort oder Namen wird man in eine geeignete Abteilung geführt. Mit dem Audioguide kann man sich zudem eine eigene Reihenfolge zusammenstellen – untermalt vom „Sound of Collection“ – für das K 20 kreiert von DJ Wolfram. Zudem kann ab heute jeder auf der Website unter „Sammlung online“ etwa 300 Werke entdecken.

Das K20 ist seit Jahrzehnten als Leihgeber weltweit gefragt. Denn groß ist die Zahl an Meisterwerken der Klassischen Moderne – wie Picasso, Matisse, Max Ernst, Warhol, Matisse, Paul Klee etc. In den 1960er/ 70er Jahren angekauft von Gründungsdirektor Werner Schmalenbach (zuerst im Schloss Jägerhof beheimatet), der heute noch am Düsseldorfer Grabbeplatz wie ein Säulen-Heiliger verehrt wird. Denn den Grundstock legte der bis nach New York vernetzte Schmalenbach 1961 mit dem spektakulären Ankauf von 88 Zeichnungen von Paul Klee. Es war eine Wiedergutmachung an dem Bauhaus-Künstler und Vertreter abstrakter Kunst, den das NS-Regime 1933 als „entartet“ abstempelte und als Akademie-Professor entließ, und der in die Schweiz floh. Insgesamt 135 Klee-Werke aus verschiedenen Epochen gehören heute dem K20.

Würdevoll hängen zahlreiche dieser intimen Bleistiftzeichnungen und Skizzen aus den 1930ern mit düsteren Vorahnungen in einem Kabinett. Auf einigen dieser Spätwerke erkennt man sogar wieder Umrisse von Köpfen.

Der Avantgarde der Nachkriegszeit und den 1968ern (wie Joseph Beuys und Co.) stand Schmalenbach skeptisch gegenüber. Erst unter seinen Nachfolgern wurden Objekte, Gemälde, Installationen des späteren 20. Jahrhunderts erworben. Den konsequenten Blick über Europa und USA hinaus wagt erst die aktuelle Leiterin Gaensheimer mit einer ehrgeizig feministischen Ankaufs- und Ausstellungs-Politik, die sich um stetigen Diskurs bemüht und eine Trend-Entwicklung im Blick hat. Seit 2017 erwarb sie Werke aus Afrika, Lateinamerika und Asien – möglichst von Frauen, queeren oder diversen Künstlern. Dank eines Ankauf-Etats von zwei Millionen Euro, den die Landesregierung selbst in Krisenzeiten nicht kürzt.

Manche der Konfrontationen – wie in der Abteilung Expressionismus und Kolonialismus oder Krieg und Frieden – verfolgen politische Ziele und überzeugen. Da geht es um Raubkunst aus ehemaligen Kolonien oder um das Entsetzen der Künstler über das Grauen im Ersten Weltkrieg – so zum Beispiel in Bildern der Künstlergruppe „Junges Rheinland“.

Ein furioses Finale erwartet den Besucher im Amerikaner-Saal. Da locken Gemälde von Gerhard Richter, Robert Motherwell und Andy Warhol – als Hintergrund für die blau-grün-gelbes Ellipsoid von Isa Genzken und das Wandbild „Farbbolzen“ der britischen Op-Art-Künstlerin Bridget Riley. Nicht nur vergessen an einer Wand die riesigen, wandhohen Stoff-Bilder in Grün und Schwarz von Rosemarie Trockel.

Manche andere Konfrontationen bleiben aber fragwürdig. Bei dem Vergleich von Meisterwerken der Surrealisten Magritte, Breton und Dalí mit dem eindrucksvollen Öl-Großformat „Knüppelschläge“ von Mayo (ursprünglich Antoine Malliarakis) überzeugt Letzteres nur wenig. Genauso wie der „Friedensaufruf“ mit einer strickenden Frau in poppigen Farben des nigerianischen Malers Peter Uka: Ein Bild, das kaum zur „Avantgarde“ zählen dürfte, am wenigsten in direkter Nachbarschaft zu Picasso und Fernand Léger.