Bandleader James Last gestorben
Berlin (dpa) - Seine Platten nannte er „Beachparty“, „Viva España“ oder „Copacabana“. Zu seiner Musik tanzten Millionen. James Last komponierte den Soundtrack der Nachkriegs-Republik. Alles super, alles entspannt, alles easy - der Bandleader und Arrangeur traf einen Nerv bei den Wohlstands-Deutschen, stillte ihre Sehnsucht nach Harmonie und Ferne.
Mit seinem „Happy Party Sound“ tourte der Bremer durch die Welt und empfahl sich als Gute-Laune-Botschafter „made in Germany“. Am Dienstag ist Last in seiner Wahlheimat Florida mit 86 Jahren gestorben.
Noch bis April war er mit seinem Orchester unterwegs. „The Last Tour“ hatte er seine angebliche Abschiedstournee im vergangenen Jahr genannt, dann hängte er noch eine an: „Non stop music“. Bis zuletzt bot Last alles, wofür er geschätzt wurde: Klassiker und Evergreens, den Wechsel leiser und temperamentvoller Stücke. Kunstvoll gedrechselte Arrangements von Bach bis Beyonce brachten den Saal zum jubeln und Paare zum tanzen.
„Schönes Konzert, aber der ist ja ganz schön klapprig geworden“, sagte im März ein Besucher des Hamburger Konzerts. In der Tat wirkte Last etwas zerstreut und war kaum zu verstehen. An Rückzug denke er nicht, er mache weiter bis zum Umfallen, hatte er noch wenige Monate zuvor verkündet. Er klang so, als ob er vor seinem nächsten Karrieresprung steht.
Dass Hans Last, ein Beamtenkind aus Bremen, zum Star aufsteigen würde, war nicht unbedingt zu erwarten, aber auch nicht völlig überraschend. Der 1929 geborene Last lernte das Musikgeschäft von Grund auf. Sehr früh saß er am Klavier, seine älteren Brüder Werner und Robert musizierten auch. 1943 besuchte er die Heeresmusikschule Bückeburg, in den ersten Friedensjahren spielten die Brüder im Tanzorchester von Radio Bremen. Dann gründete James eine eigene Band, Anfang der 50er wurde er dreimal in Folge zum besten Jazzbassisten in Deutschland gewählt, 1955 engagierte ihn der NWDR.
Irgendwann habe es bei ihm gefunkt und sein Sound war geboren, sagte er später: Pop im Bigband-Format. Wie ein Film in Cinemascope. Last tourte damals mit Unterhaltungsmusikern wie Helmut Zacharias und Michael Jary, für die er auch Arrangements schrieb. „Ich wollte einfach Partymusik machen“, lautete die Last-Formel.
Zur Musik mischte Last Geräusche, Lacher oder Gläserklirren. Die Hörer sollen das Gefühl bekommen, dass die Feier längst im Gange ist, wenn sie an der Haustür klingeln. Besonders erfolgreich war Last mit Arrangements der Titel von Popgrößen - von den Beatles bis Christina Aguilera. Die Songs gehen im Wohlfühlklang ineinander über.
An einem Vorbild hat er sich immer wieder orientiert: Herbert von Karajan. Den legendären Dirigenten sah Last in Hamburg. „Ich war unglaublich beeindruckt von seiner Aura und wie er dann mit geschlossenen Augen dirigierte.“ Doch auch hinter Lasts Erfolg stand viel musikalisches Können. Er schrieb die Noten für jedes Instrument. „Jeder Musiker weiß genau, was er zu spielen hat. Da kann nichts schieflaufen.“
Seit seiner ersten Platte „Non Stop Dancing“ 1965 verkaufte er mehr als 80 Millionen Scheiben - das dürfte wohl auch gelassen machen. Irgendwann habe die Plattenfirma aufgehört zu zählen, sagte er.
1967 stieg Last in den britischen Hitparaden auf, es folgten Tourneen durch Kanada, später Europa, USA und Asien. Er gewann mehr als 200 Goldene Schallplatten. 1977 trat er mit seinem Orchester im „Palast der Republik“ in Ost-Berlin auf. Für die ZDF-Reihe „Das Traumschiff“ schrieb er die Musik.
Er habe es geschafft, immer wieder neues Publikum zu gewinnen. Tatsächlich passt der weiche Last-Klang in den Lounge-Sound, zu dem in den Clubs gechillt wird. Pop-Größen wie RZA, Jan Delay, Herbert Grönemeyer, Tom Jones, Luciano Pavarotti, Xavier Naidoo, Nina Hagen und Till Brönner erwiesen ihm zum 75. Geburtstag eine Hommage mit der CD „They call me Hansi“.
Dass manche seine Musik „akustischen Milchbrei“ nannten, juckte ihn nicht. Selbst seine Kritiker mussten Lasts musikalisches Können anerkennen. Er beschreite den kürzesten Weg zwischen „La Bamba“ und Schostakowitsch, schrieb die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.
Doch auch Schicksalsschläge blieben ihm nicht erspart. Lasts erste Frau Waltraud wurde bei einem Autounfall schwer verletzt, 1997 starb sie an Krebs. Danach heiratete er die 30 Jahre jüngere Vermögensberaterin Christine Grundner. Und dennoch: Last blickte immer nach vorne. Schönes Wetter, eine wunderbare Frau, ein erfülltes Leben - was wolle er mehr, sagte er noch im vergangen Jahr. Das Leben sei, als habe er „jeden Tag Geburtstag“. So hätte auch ein Last-Album heißen können.