Ein Traum geht in Erfüllung Barenboims Musikakademie als Ort der Utope
Berlin (dpa) - Ein „Experiment in Utopie“ nennt Daniel Barenboim das Projekt: Mitten in Berlin entsteht ein Haus, in dem junge Menschen aus der arabischen Welt und aus Israel gemeinsam musizieren sollen.
Mit der Barenboim-Said Akademie geht ein Traum des 74-jährigen Dirigenten und Pianisten in Erfüllung.
Schon seit Oktober lernen im früheren Magazingebäude der Staatsoper Unter den Linden 42 Musiker unter einem Dach. An diesem Donnerstag wird die Akademie offiziell eröffnet.
Zusammen mit der Akademie entsteht ein neuer Musiksaal, entworfen vom amerikanischen Architekten Frank Gehry, der unter anderem das Guggenheim Museum in Bilbao gebaut hat. Nur wenige Meter vom Konzerthaus am Gendarmenmarkt entfernt, öffnet am 4. März dann dieser neue Ort für klassische Musik im Zentrum der Stadt. Der Saal wird ein eigenes Programm präsentieren, neben den Aufführungen der Studenten wird auch ein reguläres Konzertprogramm mit Gastkünstlern geboten.
Die Akademie, an der Studenten ein staatlich anerkanntes Instrumentalstudium absolvieren können, sei der Versuch einer Befriedung mit den Mitteln der Musik, hatte der argentinisch-israelische Dirigent gesagt. Mit der Gründung des „West-Eastern-Divan Orchestra“, das inzwischen weltweit unterwegs ist, legten Barenboim und der amerikanisch-palästinensische Literaturwissenschaftler Edward Said (1935-2003) schon 1999 die Grundlagen für die Akademie.
Für die jungen Musiker will der Generalmusikdirektor der Staatsoper einen geschützten Ort schaffen, fern von Kriegs- und Krisenalltag. Die Studenten sollen nicht nur Profimusiker werden, sondern auch „Botschafter des Friedens“. Neben dem Musikstudium gehören Fächer wie Philosophie und Ethik zum Pensum.
Möglich wurde das Vorhaben, weil der Bund den Umbau des früheren Kulissendepots der Staatsoper mit 21,4 Millionen Euro finanzierte. Den Rest der Gesamtkosten von 35,1 Millionen Euro steuern Sponsoren bei. Das Land Berlin hat das Gebäude für 99 Jahre zur Verfügung gestellt. Der Bund übernimmt auch die Betriebskosten, das Auswärtige Amt zahlt Stipendien. Ab 2018/19 sollen die Akademie mit 90 Studenten voll ausgelastet sein.
In der Hülle des Magazingebäudes hat das Architekturbüro HG Merz ein Lernzentrum mit Seminar- und Übungsräumen auf drei Ebenen geschaffen. Rund 200 Kubikmeter Beton und 700 Tonnen Stahl wurden verbaut. Vom Eingangsfoyer an der Französischen Straße in der Nähe des Bebelplatzes haben Besucher Zugang zum Akademieflügel und dem Konzertsaal. Für den perfekten Klang hat der Akustiker Yasuhisa Toyota gesorgt, der unter anderem auch die Elbphilharmonie vorbereitet hat. Er und Gehry haben ihre Dienste honorarfrei zur Verfügung gestellt.
Für die bis zu 682 Zuhörer entsteht ein fast intimer Raum. Die gegeneinander als Ellipsen verschobenen Ränge sollen den Eindruck von Schwerelosigkeit vermitteln. Kein Platz im Saal ist vom Dirigenten weiter weg als 14 Meter.
In einer idealen Welt würde die Akademie im Nahen Osten stehen, sagt Barenboim immer wieder. Aber noch immer sei dort das Leben von Leid und Ungerechtigkeit gezeichnet. Die Besetzung Palästinas durch Israel habe Niemandem etwas gebracht. Mit seinen Äußerungen zur israelischen Politik hat Barenboim in Israel selber auch viel Kritik einstecken müssen.