Beatsteaks mit neuem Album: Der laute Schrei nach der Stille

Dem neuen, selbstbetitelten Album der Beatsteaks hört man bei aller Ausgelassenheit die Sorgen der vergangenen zwei Jahre an.

Foto: Ute Langkafel

Düsseldorf. Zurück. Alles auf Anfang. Diese Platte klingt ein bisschen so, als wären die Beatsteaks neu geboren. Die Songs, sie sind krachig, aber trotzdem verspielt, schnell, aber ohne sich dabei selbst zu überholen. Wie immer eben. Und doch ist etwas anders.

Da ist der Name dieses Albums: „Beatsteaks“. Selbstbetitelt. Das machen Künstler normalerweise bei ihrem Debüt, dann, wenn sie noch keine Marke sind. Die Beatsteaks machen es beim siebten Album. Als Marke. Als Band, die dem ebenso schmuddeligen wie kultigen Musikclub SO 36 in Berlin, wo sie einst anfingen, längst entwachsen ist.

Die Beatsteaks sind hierzulande hinter Toten Hosen, Ärzten, Rammstein und Scorpions die Größten. Die Ersten in Reihe zwei. Die Allerersten für jene, die Bands aus Reihe eins für zu groß, zu reich, zu satt, zu unpunkig halten. Spätestens seit „Tage wie diese“ sind die Beatsteaks genaugenommen sogar die Speerspitze des Punkrock in Deutschland. Ein Phänomen. Denn während ihre Kollegen entweder vergöttert oder gehasst, im günstigsten Fall belächelt oder ignoriert werden, werden die Beatsteaks von allen geliebt. Diese stets gut gelaunten, grinsenden Männer, die Jungs geblieben sind und auf ihren letzten Alben so wunderbar herumexperimentierten mit Dub und etwas Reggae, mit Pop und auch mal ohne Rasegitarren.

Aber dann, im Sommer 2012, nach der bislang erfolgreichsten Tournee mit Headliner-Auftritten bei Riesen-Festivals wie dem Hurricane, war von jetzt auf gleich erst einmal Schluss mit lustig. Schlagzeuger Thomas Götz hatte einen Unfall und lag mit einem Schädelbasisbruch tagelang auf der Intensivstation. Eine Reha schloss sich an. Und die perfekt geschmierte Karriere- und Spaßmaschine der Buletten (die Übersetzung des Wortes Beatsteaks) fuhr runter von Maximalbetrieb auf Null.

Das damals gerade erschienene üppige Live-CD-DVD-Paket „Muffensausen“, mit dem die Band sich selbst, die mittlerweile zahlreichen Fans und ihr „Wir, die Schmuddelpunks, haben es geschafft“-Image feiern wollte, klingelte noch in den Ohren. Doch auf einmal war nichts mehr zu vernehmen. Rückzug. Informationssperre. Ungewissheit.

Genau dort setzt das Album „Beatsteaks“ an. Es ist ein lauter Schrei nach der Stille. Der Tritt aufs Gaspedal einer Maschine, von der viele befürchtet hatten, sie sei defekt oder vielleicht sogar total beschädigt. „Good morning!“, krakeelt Frontmann Arnim Teutoburg-Weiß im ersten Song „A Real Paradise“ ins Mikro. Dann singt er „I take the chance to move on“. Was wohl so viel heißen soll wie: „Nutzen wir die Gelegenheit und machen weiter!“ Schließlich sind sie tatsächlich wieder im „real paradise“, im Paradies: im Proberaum, im Studio, auf der Bühne. Die Gitarren jagen durch Stakkato-Riffs, ehe sich die Beatsteaks gegenseitig durch das famose „DNA“ treiben. Und bis auf wenige Ausnahmen geht es so weiter.

„Beatsteaks“ könnte auch „Launched“, „Living Targets“ oder „Smack Smash“ heißen. Das sind frühere, rohe und gerne auch mal geradeaus geprügelte Alben. „Beatsteaks“ hört man in all seiner Freude und Ausgelassenheit aber auch die Ungewissheit der Musiker, die Lebenslehren, den Frust und die Sorgen der vergangenen zwei Jahre an. Es ist Erleichterung.

Nach dem Motto: Wenn etwas passiert, das zeigt, dass Musik nicht das Wichtigste auf der Welt ist, dann wird eben diese Musik nach der Krise doch wieder genau das — das Wichtigste überhaupt. Da muss man dann nicht unbedingt herumexperimentieren mit Stilen und Genres, so wie die Beatsteaks es 2012 auf „Boombox“ ganz extrem taten. Da kann man einfach mal zurück auf Null gehen, zum Anfang — und nur Spaß an der Freude haben. Die Buletten, sie sind wieder heiß.