Cat Stevens hat jetzt den Blues

Berlin (dpa) - Als Yusuf das Hotelzimmer in Berlin betritt, verlässt sein Blick nur kurz das Display seines Smartphones. Mit geübten Gesten wischt er vor dem letzten Interview des Tages zwischen den Programmen hin und her.

Foto: dpa

Dann setzt sich Yusuf aufs Sofa, lässt sich eine Tasse Tee bringen und lächelt. Seine Hände sind runzlig geworden, der Bart schneeweiß, die Stimme rauer. Ist das der Mann, der als Cat Stevens vor 40 Jahren einen Pop-Hit nach dem anderen landete? Der als Yusuf Islam zum streng religiösen Muslim wurde und jahrelang untertauchte? Er ist es, doch der 66-Jährige hat eine weitere Entwicklung vollzogen: Sein neues Album „Tell 'Em I'm Gone“, das am Freitag erscheint, führt ihn zurück in seine Jugendtage - und strotzt vor längst vergessenem Blues-Sound.

„Schon als Teenager habe ich Rhythm and Blues gehört, die kleinen Scheiben aus schwarzem Wachs aus den USA haben mich beeinflusst“, erzählt Yusuf. Der Titelsong ist eine Hommage an diese Zeit. „Als Kunststudent habe ich oft auf der Feuertreppe gesessen und Gitarre gespielt, als ich eigentlich im Unterricht sein sollte. Lead Bellys 'Take this hammer' war eines der ersten Lieder, die ich damals gelernt habe. 'Tell Em I'm Gone' ist meine Neuinterpretation davon.“

Jaulende Gitarren lassen im neuen Album den Sound der 50er-Jahre aufleben, neue afrikanische Elemente wie die der Sahara-Band Tinariwen im Ray-Charles-Cover „You are my sunshine“ sollen an die Entstehung des Blues erinnern. „Für die Sklaven aus Afrika war die Gitarre der Schlüssel zur Freiheit. Es ist großartig, den Wurzeln dieser Musik zu folgen. So kommt man an ihren Kern.“

Warum hat Yusuf den Weg zum Blues dann nicht schon früher eingeschlagen? „Ich war wohl zu individualistisch“, gibt der Sänger heute zu. „Und ich ging durch eine Phase, in der andere Leute meine Musik bestimmten.“ Erst als sich der damalige Cat Stevens 1969 nach einer Tuberkulose-Erkrankung zurückmeldete, hatte er den Mumm, seinen eigenen Stil zu suchen. Der leichtfüßige Schmuse-Cat wurde aussortiert. Mit Erfolg: Seine folgenden Hits wie „Father & Son“ oder „Wild World“ schrieben Pop-Geschichte.

Erfüllt vom Erfolg war der Troubadour trotzdem nicht, ihm fehlte die spirituelle Erfüllung - bis ihm sein Bruder 1976 einen Koran schenkte. „Meine Identität habe ich so ziemlich gefunden, als ich meinen Glauben gefunden habe.“ Die Suche nach Frieden und Freiheit sei deshalb aber nicht beendet. „Ich wandle zwischen zwei Welten. Da ist es schwer, genau zu sagen: Das bin ich. Ich habe immer versucht, selbstkritisch und offen für Neues zu bleiben.“

Zu den Unruhen auch in der islamischen Welt mag er, der berühmte Konvertit, sich eigentlich nicht so recht äußern. Skeptisch rutscht er auf dem Sofa ein Stück weiter weg, sagt dann aber doch: „Es geht nicht um die Frage: Auf welcher Seite stehst du? Das ist antagonistisch. Wir brauchen mehr Protagonisten! So wie ich das sehe, sind die rar gesät. Auf beiden Seiten. In den Krieg zu gehen ist einfach, Frieden zu schaffen ist so viel komplizierter.“

Worte statt Waffen, Klänge statt Kugeln: Dieser Botschaft ist Yusuf in all den Jahren treugeblieben, und er wird sie auch in seiner Tour „Peace train... late again“ im November in Deutschland besingen. „Ich bin jemand, der immer noch träumt“, sagt Yusuf und nippt ein letztes Mal an seinem Tee. In Berlin bleibt er nur noch eine Nacht, dann geht der Flieger nach Miami. Yusuf geht endgültig seinen eigenen Weg.