„Deutsches Wunderkind“ macht in New York Karriere
New York/Düsseldorf (dpa) - Der erste Auftritt ging gründlich schief. Als Lukas Langeheine seine DJ-Premiere in einem Club feiern wollte, riefen Gäste die Polizei. Der Düsseldorfer war erst 13.
„Gott sei Dank war mein Vater dabei und dann hat sich das relativ schnell geklärt.“ Alle anderen Auftraggeber-Discos sprangen jedoch erst einmal ab. „Was aber im Nachhinein gesehen auch nicht ganz verkehrt war“, sagt der 30-Jährige heute. „Ich weiß eh nicht, ob man mit 13 permanent im Club herumlaufen sollte. Ich hatte lange Zeit, um mich darauf zu freuen, dass ich das irgendwann mal machen kann.“
Und wie. Langeheine wurde nicht nur DJ, er räumte auch zahlreiche nationale und europäische Trophäen und gleich sechs DJ-Weltmeistertitel ab und stellte damit einen neuen Rekord auf. Kaum einer beherrscht der Fachpresse zufolge das „Beat juggling“, also das Zusammenmischen zweier kurzer Schallplattenabschnitte live auf der Bühne, und das „Scratching“, also das Erzeugen von Tönen durch Hin- und Herbewegen einer laufenden Schallplatte, so gut wie Langeheine.
Wenn der Düsseldorfer am DJ-Pult steht, wandern seine Finger so schnell über die Plattenteller, dass sie mit dem Auge kaum zu verfolgen sind. Alles bloß Training, sagt Langeheine, der als „DJ Rafik“ inzwischen seit mehr als 15 Jahren die Massen zum Tanzen bringt. „Es ist genau, wie bei jedem anderen Instrument auch. Das sind kleine, filigrane Bewegungen, die das Gehirn lernen muss. Es sieht sehr kompliziert aus, aber man kann das alles lernen.“
Jahrelang hat Langeheine als Teenager Unterricht genommen - zuerst an Klavier, Cello und Schlagzeug, dann an den Plattentellern. „Der Lehrer hatte eine super Plattensammlung und ich konnte einfach seine Platten zusammenmischen.“
Die Eltern hätten ihn immer unterstützt, sagt Langeheine. Seine Mutter ist ausgebildete Cellistin, der Vater arbeitete jahrelang als Geiger und Konzertmeister am Düsseldorfer Symphonieorchester. „Sie haben es mir am Anfang nicht ganz leicht gemacht, aber als sie gesehen haben, dass ich in den Ferien arbeiten gehe, um mir mein Equipment zu kaufen, haben sie mich voll unterstützt.“ Als der Vater seinen Abschied an der Düsseldorfer Tonhalle feierte, gaben er und sein Sohn sogar gemeinsam ein Konzert: Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ an Geige (Vater) und Plattentellern (Sohn). „Das war wirklich toll.“
Inzwischen ist der Düsseldorfer nach New York gezogen und bekommt auch in der Millionenmetropole jede Menge Aufträge. „Ich bin hier hingegangen, um einen Schnitt zu machen. Ich wollte einfach was Neues. In Düsseldorf-Pempelfort hatte ich einen gewissen Alltag und es ging einfach musikalisch nicht mehr voran.“
An Weltmeisterschaften nimmt der 30-Jährige nicht mehr teil, er will jetzt lieber mehr auflegen und seine eigene Musik produzieren. Ein erster großer Schritt dazu: Langeheine bekam einen der begehrten 30 Plätze in der „Red Bull Music Academy“, die jedes Jahr in einer anderen Stadt junge und erfahrene Künstler zusammenbringt. Langeheine sei ein „deutsches Wunderkind“, feierten ihn die Veranstalter. Von Stars wie Brian Eno und Erykah Badu holte sich der DJ zwei Wochen lang Karriere-Tipps. „Das war wie Klassenfahrt mit unfassbar talentierten Musikern. Man lernt superviel.“
Die eigene Musik ist auch eine Art Sicherheit für Langeheine, denn DJ, so sagt er, könne man einfach nicht für immer bleiben. „Ich bin auf die Möglichkeit vorbereitet, dass ich mit 40 oder 50 keine Lust mehr habe oder keine Verbindung mehr finde. Ich verlasse mich nicht drauf, dass ich mit 70 immer noch in der Disco stehe und 21-Jährige darauf abtanzen.“ Aber schön wäre es schon. „Wenn man ein Stück von sich selber und seinem eigenen Geschmack in die Musik reinlegen konnte und die Leute haben das wirklich verstanden und sind völlig ausgerastet, dann ist ein Abend gelungen. Das ist das Schönste, was passieren kann“, sagt Langeheine. „Für mich ist das der beste Job der Welt.“