Dirigent Waleri Gergijew rechtfertigt sich

München (dpa) - Der umstrittene russische Dirigent und Putin-Unterstützer Waleri Gergijew will vor seinem Amtsantritt in München die Wogen glätten. Darum hat er sich in einem Brief an das Publikum der Münchner Philharmoniker gewandt, deren Chefdirigent er 2015 werden soll.

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„Ich bin Musiker und Dirigent. Ich bin aber auch Russe und meinem Heimatland eng verbunden“, schreibt er in dem Brief, den die Philharmoniker am Dienstag veröffentlichten. Er verteidigt seine Ansichten. Der Musikstar steht international in der Kritik, weil er als Vertrauter von Kremlchef Wladimir Putin dessen Politik - auch in der Ukraine - unterstützt hatte.

Er könne nicht außer Acht lassen, „dass die russische Gesellschaft teilweise nach anderen fundamentalen Prinzipien lebt, als das in den westlichen Gesellschaften der Fall ist“. Er achte und respektiere die russische „Lebensmaxime“. „Dazu gehört auch das Festhalten an Tabus, die in den westlichen Ländern seit einigen Jahren nicht mehr gelten, aber zu deren Aufhebung es viele Anläufe und viel Zeit brauchte.“

Gergijew betonte, er werde jeden in seinem Ensemble und Team mit Respekt behandeln. „Der Dialog darf nicht abreißen, niemals! Der Austausch der Gedanken muss möglich bleiben“, betonte er. Und: „Auch wenn es abgegriffen klingt, aber es ist deshalb nicht falsch, ganz im Gegenteil: Musik ist der beste Brückenbauer!“

Hintergrund des Briefes ist ein Krisengespräch zwischen dem Dirigenten und Vertretern der Stadt München am Samstag. Ziel war es, „Gergijew die aktuelle Diskussion über die von ihm geäußerten privaten politischen Ansichten darzustellen und ihn über die daraus resultierende Situation des Orchesters zu informieren“, wie die Philharmoniker mitteilten.

Zuletzt hatte Gergijew einen Künstler-Appell zur Krim-Annexion unterschrieben und sich damit in der Ukraine-Krise zu Putins Politik bekannt. Die Grünen im Münchner Stadtrat betonten, wenn sich Gergijew nicht von dem Appell distanziere, sei er als künftiger Chef der Philharmoniker nicht tragbar.

Nach umstrittenen Äußerungen Gergijews zur Anti-Schwulen-Politik Putins hatte es bereits vor einem Konzert mit den Philharmonikern im Dezember vergangenen Jahres Proteste vor der Münchner Philharmonie gegeben.