Drei Herzen geben auf Alex Clares neuem Album den Takt an

Berlin (dpa) - Alex Clare hatte vor zwei Jahren schon beinahe mit der Karriere als Musiker abgeschlossen.

Foto: dpa

Sein Debüt-Album „The Lateness of the Hour“ verkaufte sich schlecht und die Plattenfirma ließ ihn fallen. Er zog von London nach Jerusalem, um eine Talmudschule zu besuchen. Eines Tages bekam er einen Anruf von seinem Management mit der Nachricht, er müsse nach Deutschland gehen.

„Ich hatte kein Geld und lebte von der Hand in den Mund“, erinnert sich Clare. „Sie meinten, du musst da hin, deine Single läuft richtig gut. Ich habe ihnen gesagt: Ich glaube nicht, dass ich mir einen Flug leisten kann.“ Das Ticket bezahlte man ihm. Als er in Deutschland ankam, erfuhr er, dass sein Song „Too Close“ auf Platz eins der Charts stand. „Das war ziemlich cool“, findet Clare.

Als Soundtrack einer Reihe von Werbungen für einen Internet-Browser nistete sich das Lied in den Gehörgängen der Menschen ein. Der Hype begann in Deutschland und setzte sich in den USA und seiner Heimat Großbritannien fort. Nachdem er jahrelang bei Open-Mic-Abenden aufgetreten war und als Koch gearbeitet hatte, nach der Zusammenarbeit mit zwei Produzenten und der Auflösung seines ersten Plattenvertrags wurde Clare von einem Tag auf den anderen berühmt.

Für manch einen 26-Jährigen würde ein so plötzlicher und überwältigender Erfolg wilde Zeiten einläuten. Clare verführen die Reize des Popstar-Lebens aber nicht. Er hat sich bereits ausgetobt, als Mitglied der Band „Los Muertos“ mit dem Künstlernamen Alexander Muertos, und als Pub-Musiker, der für kurze Zeit mit Amy Winehouse liiert war. Die Partys interessieren ihn nicht mehr. Religion, Familie und Angeln geben dem heute 28-Jährigen mit dem rötlichen Rauschebart alles, was er braucht.

Das private Glück scheint in Clares neuem Album, „Three Hearts“, das am Freitag (8.8.) herauskommt, deutlich durch. Das gleichnamige Lied handelt von den „drei Herzen, die unter meinem Dach schlagen“: Sie gehören ihm, seiner Frau und der Tochter, die im vergangenen Jahr zur Welt kam. „Ich wollte mit dem Album meine Dankbarkeit als Vater zum Ausdruck bringen“, sagt Clare. „Darum geht es auf der Platte: um die Ehre und den Stolz, ein Ehemann und Vater zu sein, und darum, die Fehler aus der Vergangenheit aufzuarbeiten.“

Clare ist in einer „sehr weltlichen“ Umgebung im Südosten Londons aufgewachsen. „Es gab dort nichts zu tun außer Musik machen und kiffen“, erinnert er sich. Im Laufe der Jahre entdeckte er die Spiritualität für sich und mit 22 Jahren wurde er orthodoxer Jude. „Das hat meinen Blick auf die Welt hundertprozentig geändert.“ Seiner Plattenfirma bereitete Clares frommer Lebenswandel bisweilen Kopfschmerzen. Am Sabbat und an jüdischen Feiertagen tritt er nicht auf. Noch bevor sein erstes Album erschienen war, lehnte er ein Angebot ab, den Superstar Adele auf Tour zu begleiten. Grund: Die Tour-Daten überschnitten sich mit dem Pessach-Fest.

„Ich habe der Plattenfirma bei der Vertragsunterschrift erklärt, dass ich ein orthodoxer Jude bin, der den Sabbat einhält. Aber sie haben nicht so richtig kapiert, was das bedeutet“, erzählt Clare. „Sie wurden sauer, weil ich ständig Chancen ausschlug, und haben sich schließlich meiner entledigt. Jetzt sind die Dinge natürlich etwas anders.“ In seiner Musik spiegelt sich Clares Glaube nur andeutungsweise wider. Auf dem neuen Album findet sich eine Klavier-Ballade namens „Sparks“, die auf einer kabbalistischen Interpretation des Hoheliedes aus dem Alten Testament basiert. In den meisten Liedern besingt Clares kraftvolle, soulige Stimme aber optimistisch die Liebe und die persönliche Weiterentwicklung.

Die neue Single „War Rages On“ ist der elektronischste Song des Albums. Auf „Three Hearts“ sind der hibbelige Beat und Magengruben-Bass des Dubsteps, mit dem die Produzenten Diplo und Switch „The Lateness of the Hour“ würzten, kaum noch zu hören. Die Elektro-Elemente sind diesmal sparsam und subtil in die Klangkulissen aus Soul, Funk oder RnB eingeflochten.

„Ich wollte eine nach Live-Musik klingende Platte machen, die sich nicht so anhört, als hätte ein Computer sie produziert“, erzählt Clare. An seiner Zukunft als Musiker zweifelt niemand mehr.