Example: Musik als eines von vielen Talenten
Als Hip-Hopper begann die Karriere von Example 2007, richtig großen Erfolg hat er aber jetzt mit düsterer Synthie-Romantik.
Düsseldorf. Kinder können anstrengend sein. Sie wollen alles einmal ausprobieren, verlieren allerdings schnell das Interesse. Elliot Gleave, der sich als Künstler Example nennt, war ein solches Kind — und er ist es bis heute, trotz seiner mittlerweile 29 Jahre. Der Unterschied ist nur: Was er macht, auch wenn es für kurze Zeit ist, macht er mit Hingabe und hat damit Erfolg.
Mit zwölf nahm er an einem Hip-Hop-Battle teil, einem Wettbewerb, bei dem spontan um die Wette gereimt wird. Seinen Sparringspartner, der wesentlich älter war, rappte er regelrecht gegen die Wand.
Dem Hip-Hop blieb Gleave erstmal treu, „vor allem, weil ich irgendwas brauchte, das mir ein wenig Coolness verschaffte“, kokettiert der Schlaks. „Ich konnte zwar gut laufen, war aber eine Niete in Football, Basketball und Rugby. Also musste etwas her, das dieses Manko ausgleicht.“ Obwohl er eigene Songs schrieb und Demotapes aufnahm, blieb die Musik zunächst nur ein Hobby. Mehr Faszination übte plötzlich das Filmen auf ihn aus, das ihn an die Uni führte.
Mit 21 nutzte er seine Studienkenntnisse, um beim Fernsehen im Schnitt mitzuarbeiten. Wegen seiner sonoren Bassstimme wurde er gebeten, einen Programmhinweis zu sprechen — und fungierte prompt für einige Zeit als Senderstimme von MTV und Nickelodeon. Doch obwohl er damit finanziell Erfolg hatte, brach er erneut aus und verdingte sich 2003 als Requisiteur am Set von „Episode III“, dem letzten Teil der Star-Wars-Saga, wo er Laserschwerter aus Plastik baute.
Eine echte Konstante blieb nur das Hobby, die Musik. 2004 presste er eine eigene Nummer auf Vinyl und verteilte sie an unabhängige Plattenläden. „Ich glaube, es verkauften sich zehn Exemplare“, erinnert sich Gleave. Von einem Karrierestart kann man da nicht sprechen. Allerdings nahm er sein Dasein als Musiker plötzlich ernster. Er gründete ein eigenes Label und nannte sich Example, weil seine Initialen E.G. gleichzeitig die im Englischen gebräuchliche Abkürzung für „exempli gratia“, also „zum Beispiel“, sind.
Beim Label von Mike „The Streets“ Skinner veröffentlichte Example 2007 seinen ersten Longplayer, ein reines Hip-Hop-Album. Erstaunlich, wenn man es mit seinem heutigen Sound vergleicht, einer düsteren Elektroromantik wie man sie von Human League kennt. „Zu diesem Zeitpunkt konnte ich nur Hip-Hop“, räumt Gleave ein. „Mir war einfach noch nicht klar, wohin ich musikalisch tendiere.“
Ein erneuter Labelwechsel ließ ihn auch musikalisch experimenteller werden: Der typische Garage-Sound der frühen 90er schlich sich ein, gepaart mit schwerer Elektronik. Die Single „Kickstarts“, ein mit dröhnenden Synthies versetzter Ohrwurm, sollte dafür stilbildend werden: „,Kickstarts’ ist die Blaupause für alles, was ich künftig machen wollte“, sagt Gleave. Kein Wunder: Bis auf Platz drei der britischen Charts kletterte die Nummer 2010. Seine erklärten Vorbilder Faithless nahmen ihn als Vorgruppe mit auf Tour, weil ihnen speziell dieser Song so gut gefiel.
2011 spielte sich Gleave dann endgültig in die erste Reihe. Mit zwei Singles, „Changed The Way You Kiss Me“ und „Stay Awake“, belegte er Platz eins auf der Insel, auch das Album „Playing In The Shadows“ (seit ab Freitag auch bei uns erhältlich) stieg bis ganz oben. Gleave ist so bekannt, dass er eines der Werbegesichter eines großen Sportausstatters für die Olympischen Spiele in London wird — neben David Beckham.
Fragt man ihn nach Zukunftsplänen, scheint für ihn momentan die Leinwand wieder interessanter: „Ich kann mir vorstellen, als Schauspieler zu arbeiten. Der Regisseur meiner letzten beiden Clips will mich in seinem ersten Spielfilm besetzen.“
Dass das keine größenwahnsinnige Flause ist, sondern durchaus vielversprechend werden könnte, belegt ein YouTube-Video, das ihn 2008 bei einem Auftritt als Stand-up-Komiker bei einer Talentshow zeigt. Sechs Wochen hatte er an eigenen Gags gefeilt. Schallendes Gelächter im Publikum war die Antwort. Ein echtes Universaltalent, dieser Example.