Farin Urlaub geht in die nächste Solo-Runde
Berlin (dpa) - Er wurde schon von der Videospiel-Ikone Lara Croft erschossen, er stürzte mit dem Fahrstuhl in die Tiefe, ertränkte sich im Meer. Farin Urlaub ist sich selbst gar nicht so sicher, warum er in seinen Musikvideos ständig sterben muss.
Sein Regisseur Norbert Heitker bringe ihn eben gerne um, meint er: „Ich weiß nicht, was er mit mir am Laufen hat, wir mögen uns offiziell eigentlich sehr.“
Dabei wirkt der Ärzte-Gitarrist mit seinen 50 Jahren recht lebendig. Er ist seit Jahrzehnten Sänger und Gitarrist der Spaßrock-Kombo Die Ärzte, selbst ernannte „beste Band der Welt“, zumindest eine der kommerziell erfolgreichsten Punkrockgruppen Deutschlands. Nun bringt Urlaub ein neues Solo-Album heraus, „Faszination Weltraum“ heißt es. Mit der Platte meldet er sich mit seinen Musikern vom Farin Urlaub Racing Team nach sechs Jahren Abstinenz zurück.
Urlaub bleibt seinem Sound auch auf dem vierten Studioalbum treu - die Musik ist kaum überraschend, dürfte aber die Gewohnheitstiere unter den Anhängern erfreuen. „Der Fan an sich ist grundsätzlich konservativ“, philosophiert Urlaub und schließt sich dabei selbst mit ein. Er spielt die gewohnt eingängigen Riffs, legt viele Gitarren- und Singstimmen übereinander. Er rockt, schrammelt, ist laut, macht Druck. Im Alleingang geht er es etwas härter an als mit dem Ärzte-Trio, das über 30 Jahre weicher und massentauglicher geworden ist. „Es wird immer rockiger, was ich mit dem Racing Team mache“, sagt Urlaub.
Er behandelt dabei seinen üblichen Strauß an Themen, es geht um die Liebe, den Geschlechtstrieb, um Oberflächlichkeit. Die Ideen holt sich Urlaub im Urlaub: Der 50-Jährige macht ausgiebige Reisen, will alle Länder der Welt sehen. Mehr als die Hälfte hat er schon, wie er sagt. „Ich bin kein sesshafter Mensch.“ Dann sitzt er manchmal lange Zeit in Afrika oder Südamerika alleine in seinem Auto oder auf seinem Motorrad. „Es kommt irgendwo her eine Idee geflogen, der berühmte Musenkuss, oder eine Textzeile. Dann singe ich so vor mich hin, singe eine halbe Stunde im Kreis und denke mir, irgendwie hat das was.“
„Faszination Weltraum“ gehört wohl eher in die Schublade Gesellschaftskritik als Klamauk. Mit der lustigen Ironie aus der Anfangszeit seiner Solo-Karriere geht Urlaub eher sparsam um. Er hatte wohl auch Nachholbedarf in Sachen Seriosität: Seine Ärzte-Kollegen wollten beim letzten gemeinsamen Album keines seiner ernsten Lieder auf der Scheibe haben, erzählt er. „Da war ich ein bisschen beleidigt. Aber wir sind ja basisdemokratisch. Das heißt, ich wurde überstimmt.“
„So reine Fröhlichkeit wollte ich irgendwie nicht“, sagt Urlaub jedenfalls. Der 50-Jährige versteht sich nicht mehr nur als Spaßmacher. „Vielleicht liegt es mir mittlerweile mehr am Herzen, etwas auszusagen.“ Trotzdem kann er die Ironie nicht ganz lassen. „Es ist ja auch genug Schwachsinn drauf“, erzählt er vom neuen Album. Die Lieder handeln denn auch von verkappten Superhelden, davon, dass die Welt nur aus Schwachmaten und Idioten besteht und hässliche Innenstädte gefälligst gesprengt werden sollten.
Auch andere Dinge ändern sich wohl nie: Im Musikvideo zur neuen Single „Herz? Verloren“ setzt ihn eine attraktive Psychiaterin unter Drogen und amputiert ihm das Herz. Farin Urlaub stirbt mal wieder.