Heintje wird 60 - und bereut nichts

Amsterdam (dpa) - 1967 - Deutschland war im Bann der Studentenunruhen. Die Beatles sangen ihr Friedenslied „All You Need Is Love“, und drei Tage vor Weihnachten, am 21. Dezember 1967, trat in der ZDF-Show „Der Goldene Schuß“ mit Vico Torriani ein kleiner holländischer Junge auf.

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Heintje. „Mama“, trällerte der 12-Jährige glockenhell und hoch, sehr hoch. Und ein ganzes Land lag ihm zu Füßen.

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Zwei Jahre später war Heintje ein Weltstar und mehrfacher Millionär. An diesem Mittwoch (12. August) wird der einstige Kinderstar 60 Jahre alt. „Ich hatte einfach Glück“, sagt Hein Simons im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur - so, als ob er zufällig einen Talentwettbewerb in seinem niederländischen Heimatort Kerkrade nahe der deutschen Grenze gewonnen hätte.

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Hatte er auch. Aber danach folgte eine atemberaubende Kinder- Karriere. Über 40 Millionen Schallplatten, Konzerte in aller Welt, „Mama“ und „Heidschi Bumbeidschi“ führten die Hitparaden an. Da konnte Mick Jagger noch so sexy mit dem Hintern wackeln.

Nüchtern blickt Simons auf diese Erfolge zurück. Typisch holländisch gelassen eben, obwohl er doch schon seit Jahrzehnten auf seinem Gut in Belgien wohnt. Ganz in der Nähe seiner drei Kinder und der Mama. „Ich hatte zum Glück gute Menschen um mich und einen klugen Manager.“

Der Manager und Plattenproduzent machte seinem Namen alle Ehre: Addy Kleijngeld legte pro verkaufter LP einen Gulden für Heintje auf die Seite. Als der Stimmbruch mit 17 Jahren die Kinderkarriere beendete, war er „binnen“, wie die Niederländer sagten. Er hatte ausgesorgt. Aus Heintje - kleiner Hein - wurde wieder Hein. Als Hein Simons tritt er immer noch auf - bis heute.

„Es war eine fantastische Zeit“, sagt der Sänger. Die Reisen, Konzerte, schreiende Fans, die Lümmel-Spielfilme an der Seite von Peter Alexander. Verlorene Kindheit? „Nein“, sagt er voller Überzeugung und fast schon verblüfft über die Frage. „Das war doch toll.“ Er hat nie über einen anderen Beruf nachgedacht. „Wenn man einmal damit angefangen hat, dann geht auch kein Weg zurück.“

Aus seiner Stimme klingt noch immer dieselbe Unbefangenheit wie damals, als der kleine Junge im Schlips und Jackett mit dem wunderbar holländischen dicken L und rollendem R Millionen Mamas und Omas entzückte.

Nie wieder hat es einen zweiten Heintje in Europa gegeben. Heute haben es junge Talente viel schwerer, sagt er. „Es gibt so viele Castingshows im Fernsehen. Die Kinder haben doch gar keine Zeit, ihr Talent zu entwickeln.“ Es würden auch kaum noch Alben verkauft, sondern Songs illegal aus dem Internet heruntergeladen.

Das kennt Simons auch. In China ist er heute ein Riesenstar. Zweimal hat er dort schon vor ausverkauften Sälen Konzerte gegeben. Doch am Plattenverkauf verdient er nichts: „Davon seh ich keinen Cent.“

Im vergangenen Winter lernten Millionen Niederländer ihren berühmten Landsmann neu kennen. Simons trat in der sehr populären Talkshow „De Wereld Draait Door“ auf (Die Welt dreht sich weiter und durch) und präsentierte seine neue CD. Es war die erste auf Niederländisch seit mehr als 40 Jahren. Ein Schlagersänger, und das bei einem vorwiegend jungen hippen Publikum?

Der gesetzte freundliche Herr sang „Heidschi Bumbeidschi Bum Bum“, erzählte von früher und lächelte unwiderstehlich - das Publikum lag ihm zu Füßen. Seine CD stand zehn Wochen lang in den Charts. „Das ist doch sensationell“, sagt er und freut sich.

Nun präsentierte er auch in Deutschland seine neue CD: „Vertrau auf dein Herz“. Und er wird auch wieder auftreten, verspricht er. Eine Herzoperation zwang ihn zu einer Pause von einem halben Jahr.

Er wird die neuen Schlager singen, aber auch „Mama“, wenn die Leute es wollen. Natürlich, warum auch nicht? „Das gehört zu mir, und ich bin stolz darauf.“