Iggy Pop: Lebenszeichen vom Punk-Großvater

„Bereit zum Sterben“ heißt die neue Platte von Iggy Pop ins Deutsche übersetzt — die Lieder beweisen das Gegenteil. Zum Glück.

Düsseldorf. Normalerweise hat man in dem Alter Rettungsringe um die Hüften. Nicht so Iggy Pop (66). Der posiert auf dem Cover mit nacktem Oberkörper und einem Sprengstoffgürtel. Nach dem Attentat von Boston deutlich geschmacklos.

Aber das konnte er ja noch nicht wissen. Außerdem würde es ihn wohl auch nicht stören. Früher schockte er auf der Bühne mit obszönen Gesten und schnitt sich schon mal mit Scherben in die Brust. Mit zunehmendem Alter bedarf es stärkerer Stimulanzien. Da ist Dynamit genau das Richtige.

Explosiv ist „Ready To Die“ dann auch, das neue Album von Iggy And The Stooges. Immer war dieser Mann unberechenbar. Zuletzt überraschte er 2012 auf „Après“ mit französischen Chansons, um jetzt mit seiner alten Band zurückzukehren, was nach dem Tod von Ron Asheton am Neujahrstag 2009 niemand für möglich gehalten hätte.

Ende der 60er nahmen die Stooges drei epochale Alben auf, die sie zu den Gründervätern des Punk machten, noch bevor es den Begriff gab. Titel wie „No Fun“, „Search And Destroy“ oder „Now I Wanna Be Your Dog“ wurden zu Slogans einer ganzen Generation. Die Sex Pistols und The Damned coverten mehr als zehn Jahre später ihre Songs ebenso wie Slayer oder die Guns N’Roses.

Länger als 30 Jahre war Ruhe. Bis mit „The Weirdness“ 2007 das Comeback-Album der Stooges kam. Bei Auftritten war zu sehen, wie intakt die Band ist. Machte man kurz die Augen zu, konnte es passieren, dass Iggy Pop neben einem Pogo tanzte.

Wegen Ron Ashetons Tod firmiert die Band jetzt wieder unter Iggy And The Stooges. Mike Watt ersetzt Ron Asheton am Bass. Mit im Boot ist neben Scott Asheton (Drums) und James Williamson (Gitarre) auch Steve Mackay, der schon 1970 auf „Funhouse“ Saxophon spielte.

„Ready To Die“ ist besser, weil abwechslungsreicher als der Vorgänger. Das Album schließt da an, wo die Proto-Punks Anfang der 70er aufhörten. „Burn“ sagt gleich, wo es langgeht. Die Gewalt und der Nihilismus dieser Band sind bis heute ungebrochen.

Die ruhigen Songs „Unfriendly World“ und „Departet“ könnten auch von Iggys „Preliminaires“-Album (2009) sein, zu dem er sich durch Romane Michel Houellebecqs inspirieren ließ. Hier gibt sich der Godfather Of Punk mal als Großvater. Absoluter Höhepunkt ist der rohe Titeltrack „Ready To Die“ mit seiner schrillen Sologitarre. Auch, wenn Iggy es laut heraus brüllt. Bereit zu sterben ist, wer solche Musik macht, noch lange nicht.