„Lohengrin“ in Bayreuth - Jubel für Traumpaar
Bayreuth (dpa) - Erst schien es, als würden die Fans der Bayreuther Festspiele die Ratten-Inszenierung der Oper „Lohengrin“ scheuen. Doch die Deutung von Regisseur Neuenfels findet immer mehr Anklang auf dem „Grünen Hügel“.
Und Lohengrin Klaus Florian Vogt überstrahlt alles.
Bayreuth feiert sein Traumpaar im „Lohengrin“ und freundet sich mit der Ratten-Inszenierung von Hans Neuenfels an. Startenor Klaus Florian Vogt in der Titelpartie und die Sopranistin Annette Dasch als seine Geliebte Elsa von Brabant wurden am Freitag bei der Premieren-Vorstellung der Richard-Wagner-Festspiele stürmisch umjubelt. Vor allem Vogt lieferte eine überzeugende Leistung. Doch auch die anderen Partien waren überwiegend erstklassig besetzt.
Die Ratten verbreiten im Festspielhaus keinen Schrecken mehr. Verstörte die tierische Neuenfels-Inszenierung aus dem Jahr 2010 (Bühnenbild und Kostüme: Reinhard von der Thannen) das Publikum anfangs, wird inzwischen viel geschmunzelt über das Heer menschlicher Ratten, die auf einer laborähnlichen Bühne ständig um Lohengrin und Elsa herumschwänzeln.
Wenn Strahlemann Vogt die Bühne betritt, recken nicht nur die weiblichen Zuschauer die Hälse. Doch dieser Lohengrin ist nicht nur ein Kerl, er ist auch stimmlich erste Wahl. Sein Tenor ist bei allem Lyrischen noch kerniger geworden, hat sich mehr Timbre zugelegt und spannt weite musikalische Bögen. Vogt muss nicht forcieren, jede Note dringt mühelos bis in die obersten Zuhörerreihen. Wunderschön schlicht und innig gesungen: die Gralserzählung „In fernem Land“.
Annette Dasch hatte hingegen nicht ihren besten Tag erwischt. Ihr ansonsten so klarer Sopran blieb leicht blass und seltsam verschattet. Vielleicht setzte ihr die Bruthitze zu, unter der manche Sängerinnen und Sänger dieser Tage auf dem „Grünen Hügel“ leiden.
Nicht unter den tropischen Temperaturen zu leiden schienen die auftrumpfende Susan Maclean als Racheweib Ortrud und Thomas J. Mayer als der ihr verfallene Telramund. Wilhelm Schwinghammer gab einen darstellerisch überzeugenden König, sein Bass klang jedoch mitunter ungezügelt. Der zur Festspieleröffnung am Mittwoch gefeierte neue Holländer Samuel Youn war ein kraftvoll auftretender Heerrufer.
Das Festspielorchester und sein junger Dirigent Andris Nelsons brauchten mindestens das erste Vorspiel Zeit, bis sie sich aneinander gewöhnt hatten. Und auch danach wollte nicht alles gelingen, mancher Übergang in ein neues Tempo war unpräzise, die musikalische Linie wollte sich nicht recht einstellen. Aktivposten: der sehr konzentriert singende Opernchor (Einstudierung: Eberhard Friedrich).
Neuenfels deutet den Stoff vom Lohengrin, der die Welt trotz seiner Mission nicht retten kann, im clean-weißen Versuchslabor mit Personal in keimfreien Schutzanzügen. Lohengrin trägt tailliertes offenes weißes Hemd statt Ritterrüstung. Der vom Gralskönig Parsifal geschickte Retter scheitert, er kann den Menschen nicht helfen und muss ohne seine Geliebte Elsa zurückkehren. Nach wie vor verstörendes Ende der Inszenierung: Als neuer „Führer von Brabant“ entsteigt eine hässliche Frühgeburt einem Schwanen-Ei. Sie reißt ihre Nabelschnur in Stücke und wirft sie unters Volk.
Wohl vor allem für dieses unappetitliche Ende gab es am Ende doch Buhrufe für Neuenfels, die aber von Bravo-Rufen übertönt wurden.
Und Standing Ovations für die Sänger: Klaus Florian Vogt lag das Publikum zu Füßen, Annette Dasch warf dankbar Küsschen ins Parkett.