Mit Trio wurde Großenkneten berühmt
Großenkneten (dpa) - Die Fans pilgern zwar nicht mehr busseweise nach Großenkneten. Aber einige kommen noch immer. Letztens standen drei Jungs aus dem Rheinland im Salon von Heino Scholz.
Sie wollten sich von Trios früherem Friseur einfach mal die Haare schneiden lassen. „Die waren noch ganz jung“, erzählt Scholz. „Gerade mal Anfang 20.“
Die meisten Trio-Fans sind jedoch deutlich älter. Genau 30 Jahre ist es her, da wurde die Band mit der Single „Da Da Da“ berühmt - und damit auch ihr Wohnort Großenkneten, ein damals etwa 1000 Einwohner zählendes Dorf in der Nähe von Oldenburg. Denn auf das Cover von ihrem ersten Album hatten die drei Musiker in großer Schrift Adresse und Telefonnummer gedruckt: Regenterstr. 10a, 2907 Großenkneten 2, Tel.: 04435/2300.
Das Telefon in der Wohngemeinschaft stand danach nicht mehr still. Neue-Deutsche-Welle-Anhänger strömten in Scharen zu dem rot geklinkerten Haus am Ende der ruhigen Wohnstraße. „Die hatten sich darüber einfach keine Gedanken gemacht“, erläutert Eckart Paradies, der das Trio vom Fußballspielen kannte und oft Gast in der WG war. „Nachher haben die gesagt: "Wir Idioten".“
Dass Stephan Remmler, Kralle Krawinkel und Peter Behrens ausgerechnet mit „Da Da Da“ die Hitparaden stürmen würden, das hätte damals niemand gedacht. Als Paradies, selbst Hobby-Musiker, den Song zum ersten Mal hörte, fand er ihn einfach nur blöd. „Ich hab' gedacht, eine Band ohne Bass, na herzlichen Glückwunsch, das funktioniert nie.“
Doch irgendwie trafen die drei damit den Nerv der Zeit. Das auf einem Spielzeug-Keyboard geklimperte Lied mit sparsamem Text wurde zum Welt-Hit. Natürlich waren die Großenkneter auch ein bisschen stolz darauf, aber sie blieben auf dem Boden und das Trio ebenfalls. „Die lebten hier mit uns und das war's. Starallüren hatten die nicht“, sagt Heino Scholz.
Einmal die Woche kam Stephan Remmler, um sich bei ihm die Haare raspelkurz scheren zu lassen. Damals hingen an den Wänden des Friseursalons noch überall Trio-Poster und an den Spiegeln steckten Autogrammkarten, die Scholz gerne an die Fans weiterverteilte. Einen Blick auf ihre Idole in Lebensgröße konnten sie dagegen eher selten erhaschen.
Melanie Otten ist Trio-Fan, seitdem sie zehn Jahre alt ist. Damals fuhr sie öfter aus Emstek ins etwa 20 Kilometer entfernte Großenkneten. „Einmal konnte ich kurz in den Flur schauen, als die Haushälterin Autogrammkarten herausgereicht hat“, erinnert sich die 39-Jährige. Weiter ist sie aber nie gekommen. Später bat dann ein Schild an der Haustür die Fans, nicht mehr wegen Autogrammen zu klingeln.
Auch andere Erinnerungsstücke waren bei den Großenkneten-Pilgern heiß begehrt, vor allem das Schild der Regenterstraße. Als Bürgermeister Volker Bernasko (CDU) 1993 in die ländliche Gemeinde kam, wunderte er sich, dass auf dem Bauhof von jedem Straßenschild eins in Reserve lagerte. Nur von der Regenterstraße gab es 20. „Jede Woche wurde das von den Fans abmontiert“, erläutert der Politiker.
1984 zogen Stephan Remmler und Peter Behrens aus dem Haus aus. Zwei Jahre später trennte sich die Band. „So wie sie gekommen sind, sind sie auch gegangen“, sagt Paradies. Plötzlich und ohne großes Tamtam. Bei einem Essen verabschiedete sich Remmler von seinen Großenkneter Freunden. Scholz und Paradies haben seither keinen Kontakt mehr zu ihm.
Nur die Fans, die kommen immer noch - was den neuen Besitzer des Hauses in der Regenterstraße nicht immer freut. „Das sind alles nette Leute“, sagt der Rentner. Aber dass sie ständig über sein Grundstück laufen müssen, kann er nicht verstehen. „Das Haus ist total umgebaut. Da ist nichts mehr von Trio zu sehen.“
Seit 2004 treffen sich Melanie Otten und einige andere „Triologen“ - wenn möglich - einmal im Jahr im Gasthaus Kempermann in Großenkneten, in dem die Band 1980 ihr erstes Konzert gab. Otten reicht es aber bei dem Treffen in Erinnerungen zu schwelgen. „Rolling Stones mit 70 Jahren auf der Bühne muss ich nicht haben. Die Vergangenheit kann man nicht zurückholen.“ Eine Neuauflage von Trio also bitte nicht.