Scott Matthew: Tränen, Traurigkeit und Gelächter
Berlin (dpa) - Wie betritt ein Mann die Bühne, der furchtbar traurige Lieder singt? Hüpfend. Ein bisschen wenig. Und mit einem Lächeln. Scott Matthew machte letzte Woche bei einem Auftritt in Berlin, bei dem er sein neues Album „This Here Defeat“ vorstellte, klar, dass er kein Trauerkloß ist.
„Ich bin genauso glücklich wieder jeder andere auch, wenn ich aber meine Lieder schreibe, dann steige ich in die Finsternis hinab“, sagte er bei seinem bejubelten und berührenden Auftritt in der Berliner Bar jeder Vernunft. Bei dem Australier liegen die Worte „beautiful“ und „brutal“ eben recht dicht beisammen, wie in dem Song „Constant“, in dem die Erinnerung an eine vergangene Liebe einem schier das Herz zerreißt...
Ja, bei Scott Matthew darf viel geweint werden, aber auch gelacht - oder man singt einfach zusammen: Seine Slow-Version von Whitney Houstons „I Wanna Dance With Somebody“, das sich auf seinem Cover-Album „Unlearned“ befindet, wurde vom Publikum mit großer Begeisterung mitgeschmettert.
Gemeinsames Singen würde die Menschen einfach glücklich machen, sagte Matthew ganz gerührt, nahm einen kleinen Schluck aus seinem riesigen Rotweinglas und meinte mit Blick darauf: „Wahrscheinlich gibt es aber auch noch ein paar andere Dinge.“
Scott Matthew ist ein brillanter Unterhalter, der die langsame Tristesse seiner Stücke immer wieder mit kleinen Aperçus durchbricht. „Das ist jetzt echt beschämend“, sagte er beim Betrachten seiner Ukulele. „Das sollte hier eine Klasse-Show werde, aber das Kaugummi, das ich bei der Probe auf die Rückseite geklebt habe, ist immer noch da.“
Scott Matthew findet auf der Bühne eine wunderbare Balance zwischen den unterschiedlichsten Gefühlszuständen - ab dem 4. April ist der Singer-Songwriter mit seiner kleinen Band auf Deutschland-Tournee, emotionale und unterhaltsame Abende garantiert.
Wer sich ganz der berührenden Traurigkeit in aller Schönheit hingeben möchte, sollte zu Matthews neuem Album „This Here Defeat“ greifen, das sich mit seiner entschleunigten Melancholie in tief empfundenem Schmerz verliert.
Langsam, sehr, sehr langsam sind diese Kammer-Pop-Balladen über Liebeskummer, Schmerz, Einsamkeit und Tod, die mit Cello, Klavier, Ukulele und Akustikgitarre ganz verhalten instrumentiert sind - vorgetragen mit einer manchmal sehr zerbrechlichen, manchmal hingehauchten Stimme, die all das Elend in Schwingungen versetzt.
Vergnügliche Schlenker sind gleichwohl auszumachen: In dem Titelsong „This Here Defeat“ rechnet Scott Matthew mit einem Ex-Geliebten ab, dem er nicht einmal ein Lied widmen will. Auch eine Möglichkeit, die bösen Geister zu vertreiben. Und gut im Bett war der Ex auch nicht.
Dagegen stehen aber Songs wie „Ruined Heart“. Man muss sich nur das in kunstvolles Schwarz-Weiß gehaltene Video dazu ansehen - ein trauriger Scott läuft traurig durch die Gegend - da ist man tief drin im Matthew-Kosmos.
Ja, die Menschen sind schon recht einsam in den Songs des Australiers. In dem Video „Skyline“ schneit es kräftig, ist es frostig und kalt - doch am Ende gibt es einen Hoffnungsschimmer, als alle einsam und verlassen fühlende Wesen Menschlichkeit und Zuneigung erfahren. Immerhin. „Soul To Save“ heißt nicht zufällig ein weiter Song auf dem Album, das voller herzergreifender Lieder ist. Von Abschied und Erinnerungen durchtränkt ist „Ode“, das Scott Matthew für seinen verstorbenen Großvater geschrieben hat.
Das alles ist in der Tat tief empfunden. Als Scott Matthew zum Abschluss des Berliner Konzerts eine Coverversion von Nick Caves „Into My Arms“ singt, bekannte er, dass ihm dabei immer die Tränen kämen. Heute nicht, meinte er gut gelaunt, aber am Schluss waren die Augen doch ein bisschen feucht. Nicht nur bei Scott Matthew.
Tourdaten: 04.04. Nürnberg, Künstlerhaus - 05.04. Leipzig, UT Connewitz - 06.04. Potsdam, Waschhaus - 07.04., Dresden, Schauburg - 08.04. Stuttgart, Longhorn - 09.04. Frankfurt, Mousonturm - 10.04. Hamburg, Mojo - 11.04. Husum, Husum Harbour Festival - 12.04. Münster, Gleis 22 - 21.04. Köln, Kulturkirche - 23.04. München, Muffathalle - 24.04. Heidelberg, Karlstorbahnhof