Simone Youngs Rücktritt war „offenes Geheimnis“

Hamburg (dpa) - Nach dem angekündigten Rückzug der Hamburger Opernchefin Simone Young will sich die Stadt in Ruhe nach einem Nachfolger umschauen. „Wir fühlen uns nicht unter Druck, aber werden die Augen und Ohren offenhalten“, sagte ein Sprecher der Kulturbehörde.

Young hatte am Donnerstag angekündigt, ihren bis 2015 laufenden Vertrag nicht zu verlängern. An der Staatsoper kam der Abgang der 50-jährigen Intendantin und Generalmusikdirektorin nicht überraschend. „Das war ein offenes Geheimnis“, sagte Sprecherin Bettina Bermbach. „Zehn Jahre für eine Intendanz sind eine lange Zeit.“

Die australische Dirigentin war 2005 an die Staatsoper gekommen und hatte einen erfolgreichen Start hingelegt. Für ihre erste Spielzeit wurde sie von der Zeitschrift „Opernwelt“ zur „Dirigentin des Jahres“ gewählt, außerdem erhielt sie den Brahms-Preis Schleswig-Holstein. International machte sie sich als Wagner-Dirigentin einen Namen. Und auch in Hamburg schmiedete sie mit großem Erfolg ihren eigenen „Ring“ und dirigierte den kompletten Zyklus.

Doch wie schon bei ihrem Vorgänger Ingo Metzmacher wurde die Zusammenarbeit mit den Musikern wohl zunehmend schwieriger. Inzwischen soll das Verhältnis zum Orchester zerrüttet sein. Man habe sich wie in einer schlechten Ehe auseinandergelebt, sich musikalisch nichts mehr zu sagen, zitierte das „Hamburger Abendblatt“ ein Orchestermitglied. Demnach sollen die Musiker in einem Schreiben an Young um deren vorzeitigen Abgang gebeten haben. Die Chefin wiederum habe entgegnet, dass sie den Zeitpunkt ihres Rückzuges selbst bestimme.

Am Donnerstag hatte sie dann fern von Hamburg in einem Interview mit dem österreichischen „Standard“ wie nebenbei ihren Rücktritt verkündet. „2015 ist in Hamburg Schluss. So lange an einem Fleck? Das reicht. Ich habe große Lust, noch viel tiefer in die Musik hineinzutauchen, dafür brauche ich Zeit“, sagte Young, die zur Zeit in Wien an der Staatsoper probt.

Unklar ist, ob es künftig ein oder zwei Nachfolger geben wird. „Eine Trennung der Ämter auf zwei Personen sei denkbar. Es ist aber noch nichts entschieden“, sagte der Sprecher der Kulturbehörde. Young hatte ihre Doppelfunktion in dem Zeitungsinterview auch als „freizeitgefährdend“ bezeichnet. In der nächsten Spielsaison wolle sie aber dennoch drei Werke dirigieren, die sie noch nie aufgeführt habe.

1962 in Sydney geboren studierte Young am dortigen Konservatorium Klavier und Komposition. 1986 führte sie ein Stipendium des australischen Kultusministeriums nach Europa. Ein Jahr später erhielt sie an der Kölner Oper eine Anstellung als Solorepetitorin. 1989 kamen erste Dirigierverpflichtungen dazu. Bereits 1991 wurde sie in Köln Kapellmeisterin und Assistentin des dortigen Generalmusikdirektors James Colon. Es folgte eine vierjährige Assistenzzeit bei Daniel Barenboim.

Er wurde zu einem ihrer größten Förderer, dessen Kontakte in der Musikwelt ihr die Arbeit mit hervorragenden Orchestern ermöglichten. Auch der Komponist Pierre Boulez habe sie in Paris sehr beeinflusst, sagte Young einmal. Die Dirigentin bezeichnet sich selbst als Richard-Strauss-Verehrerin. Sie war die erste Frau, die jemals an den Dirigentenpulten der Wiener Staatsoper und der Pariser Opéra Bastille stand.