Sting in Köln: Popstar zum Greifen nah
Nur beim Bass ist der Lack ab: Sting (60) begeistert in Köln.
Köln. Der Lack ist ab. Der gute, alte Fender-Bass sieht arg mitgenommen aus. Beim Nutzer dieses Instruments kann davon keine Rede sein. Im engen, grauen T-Shirt und blauer Jeans wirkt der 60-Jährige trainierter denn je. Auch musikalisch ist er in Höchstform: Zwei Stunden lang begeistert Sting im Kölner E-Werk.
Näher dran war man in der Domstadt nie. Ob Lanxess-Arena, Tanzbrunnen oder die längst abgerissene Sporthalle in den frühen 80ern: Der Brite füllte immer die großen Lokationen. Zum Rückblick auf seine Solo-Karriere gönnt sich Sting nun eine Club-Tournee: „Back to Bass“. 2000 zumeist Ü-Vierziger drängen sich in den Saal. „All this Time“ erklingt pünktlich um acht Uhr — wie kann man eine Zeitreise besser starten?
Immer wieder eckte der Gutmensch und Regenwald-Retter mit großer Yoga-Erfahrung und noch mehr Geschäftssinn im Laufe seiner rund 30-jährigen Karriere an. Doch musikalisch hat Gordon Matthew Sumner aus Newcastle, seit er als Solist 1985 beim Live Aid-Konzert im Wembley-Stadion zur akustischen Gitarre griff, Spuren hinterlassen. Er blättert bei der Tour durch seinen reichhaltigen Katalog großer Popsongs und kann es sich leisten, auf Hits wie „Roxanne“ oder „Fragile“ zu verzichten.
Die „Back to Bass“-Show stellt die Musik in den Mittelpunkt, schnörkellos, direkt und ohne Mätzchen. Die Bühne ist schlicht, eine große Lichtshow braucht er nicht. Stattdessen setzt Sting auf sechs tolle Musiker, allen voran Gitarrist Dominic Miller, „meine rechte Hand seit 22 Jahren“, wie der Sänger in einwandfreiem Deutsch anmerkt. Mit dabei auch Dominics Sohn Rufus, der sich etwa im krachenden „Demolition Man“ beherzte Saiten-Duelle mit seinem Vater liefert.
Und Sting? Er scheint den Abend zu genießen, lässt den Musikern Freiräume, stellt sich an die Seite — und ist doch immer präsent. Seine markante Stimme ist allen Gerüchten zum Trotz faszinierend wie eh und je. Im Alter scheint Sting ihr sogar neue Facetten abzugewinnen.
Insgesamt 22 Songs präsentiert er: Police-Klassiker, Songs vom Solo-Debüt (herrlich: „Fortress around your Heart“), Atmosphärisches wie seine unterschätzte „Ghost Story“, Weltmusik à la „Desert Rose“ — die Setliste ist ausgetüftelt und führt zielstrebig zum Höhepunkt.
Nach zwei Stunden steht Sting allein im Spot am Bühnenrand — mit Akustik-Gitarre statt Bass: „Message in a Bottle“. Zurück auf Anfang. Statt der Hunderttausende wie 1985 im Wembey-Stadion erleben es diesmal nur 2000. Was für ein unvergesslicher Abend.