Udo rockt, Raab trommelt: Lindenbergs MTV Unplugged

Hamburg (dpa) - Udo Lindenberg gurgelt mit Eierlikör an der Bar, seine Gefährtin Tine Acke macht Fotos, sein Bodyguard Eddy Kante sieht nach dem Rechten - und Gäste wie Stefan Raab, Jan Delay, Frida Gold oder Silly schauen scheinbar mal eben so vorbei:

Lindenberg hat für die renommierte MTV-Unplugged-Reihe sein „Wohnzimmer“ - die Lobby des Hamburger „Atlantic“-Hotels - kurzerhand verlegt.

In einer Halle der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel stehen Bar-Tresen und Sessel auf der Bühne, die prominenten Besucher kommen durch die Drehtür oder die Treppe herunter. Der Mann mit Hut lupft kurz die Sonnenbrille, grinst und ruft den 300 Zuschauern zu: „Ihr seht alle sehr lecker aus! Das ist heute auch extrem wichtig.“ Denn schon bei der Generalprobe am Donnerstagabend zeichnen die Kameras auf - für eines der besonderen Konzerte seiner mehr als vier Jahrzehnte langen Laufbahn.

Die Unplugged-Konzerte der MTV-Reihe, bei denen Musiker ohne bombastische elektronische Verstärkung auskommen müssen und so ihre Songs in ein neues Gewand kleiden, gelten in der Branche als Auszeichnung. Für Deutschland war Herbert Grönemeyer 1994 der erste Künstler, den der Musiksender zu einer solchen Show einlud. Ihm folgten Die Fantastischen Vier, Die Ärzte, Die Toten Hosen, die Söhne Mannheims vs. Xavier Naidoo, die Sportfreunde Stiller und Sido.

So standen denn auch die Udo-Fans im „Atlantic“-Hotel Schlange beim Ticketverkauf für die heiß begehrte Hauptshow am Freitagabend. MTV, seit Anfang des Jahres ein Pay-TV-Kanal, zeigt das Konzert im September, dann erscheinen auch CD und DVD. Der Pionier der deutschsprachigen Rockmusik setzt sich damit in diesem Jahr ein Denkmal nach dem anderen - erst ein eigenes Musical, nun unplugged.

Und der Panikrocker, vor kurzem 65 geworden, präsentiert sich dabei in Bestform. Im typischen „Lindi-Schritt“ tänzelt er über die Bühne, wirbelt das Mikrofon durch die Luft, scherzt und flirtet mit dem Publikum. Auf der Bühne begrüßt er einen namhaften Kollegen nach dem anderen - es ist fast wie im richtigen Leben im „Atlantic“: Die Deutschrocklegende hält Hof - und alle kommen zu ihm.

Küsschen hier, Küsschen da - vor allem für die Duett-Partnerinnen. Mit der sonst inzwischen bühnenscheuen Inga Humpe singt er „Ein Herz kann man nicht reparieren“, mit der Jennifer-Rostock-Sängerin „Gegen die Strömung“, mit Frida Gold „Good Life City“ und mit Silly-Frontfrau Anna Loos „Was hat die Zeit mit uns gemacht?“. Umarmungen und Schulterklopfen für die Männer: Max Herre nimmt zu „No Future“ auf dem Hocker neben Lindenberg Platz, Clueso bei „Cello“.

Für 14 Titel holt sich Lindenberg prominente Weggefährten, Freunde und Kollegen an die Seite. So machen zwei Kumpel die „Reeperbahn“ unsicher - der eine in roten Lackschuhen (Jan Delay), der andere in knallgrünen Socken (Udo). Deutschlands Eurovisions-Retter Raab tauft sich selbst in „Jonny Controlletti“ um und trommelt sich bei zwei Titeln am Schlagzeug die Seele aus dem Leib.

Keine E-Gitarren, dafür klassische Instrumente bis hin zu Bläsern, Streichern der Hamburgischen Staatsoper und einem Kinderstreichorchester („Wozu sind Kriege da?“) - mit der besonderen Akustikshow sorgt Lindenberg in der Generalprobe für eine entspannte Stimmung. Und nimmt das Publikum mit auf eine Zeitreise - von ersten Hits wie „Andrea Doria“ bis hin zu ganz neuen Liedern wie „Nimm dir das Leben“.

Er selbst scheint zufrieden: „Das ist der Hammer! Grandios!“. Das Publikum ist es ganz offensichtlich: Ohne Zugabe darf selbst die Generalprobe nicht enden.