Unbeschwerter Dance-Pop: 40 Jahre Blondie
Berlin (dpa) - Mitte der 1970er Jahre brodelte es in New York. Bands wie Television, die Ramones, Richard Hell & The Voidoids oder die Ramones sorgten mit aufregendem Punk für Aufsehen. Die meisten Bands sind heute mehr oder weniger Geschichte.
Patti Smith aber ist noch da - und Blondie!
Seit 40 Jahren - mit leichten Unterbrechungen - ist die Band im Geschäft. Natürlich ein Grund zum Feiern: Am Freitag (16. Mai) veröffentlichen Debbie Harry und ihre Mitstreiter das Doppelalbum „Blondie 4(0) Ever“, das elf Hits auf „Greatest Hits Deluxe Redux“ versammelt und mit „Ghosts Of Download“ zusätzlich ein brandneues Studioalbum im Angebot hat - unbeschwerter Dance-Pop, der Blondie absolut auf der Höhe der Zeit zeigt. Es ist sicherlich kein Zufall, dass Top-Model Gisèle Bündchen für eine Werbekampagne gerade jetzt den Blondie-Hit „Heart Of Glass“ gecovert hat.
Von Anfang an haben Blondie auch Fans jenseits der ziemlich aggressiven Punk-Bewegung gehabt, was ihnen später mit zahlreichen Ohrwürmern den Weg zu einer Weltkarriere mit über 40 Millionen verkaufter Alben ebnen sollte. Die Band habe immer auch schon „die Frauen angesprochen“, meint Gitarrist Chris Stein im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Diese ganze Aggression gab es bei Bands wie den Stranglers. Das war mehr so ein Macho-Ding. Vielleicht ist es der Mix aus männlicher und weiblicher Energie, der den Unterschied macht.“ Und Debbie Harry fügte hinzu: „Viele unserer Songs sind einfach heiter und unbeschwert.“
Diese Unbeschwertheit haben sich Blondie auch auf „Ghosts Of Download“ erhalten. Eine gelungene, abwechslungsreiche und sehr rhythmische Mischung aus Rap und Reggaeton, Latin- und Karibik-Sounds, Disco und New Wave mit einer Menge „Oohs“ und „Nannanas“ ist das zehnte Studioalbum geworden, das Gitarrist Chris Stein vornehmlich am Computer kreiert hat. Entsprechend elektronisch ist die Basis der Songs geworden. „Er liebt Puzzle“, meint Debbie Harry, und aus vielen bunt schillernden Mosaiksteinchen setzt sich auch „Ghosts Of Download“ zusammen.
Eine Menge Leute haben mitgeholfen. Darunter auch Beth Ditto, die sich mit ihrer Band Gossip und ihrem Disco-Punk-Album „A Joyful Noise“ (2012) selbst ausgiebig bei Blondie bedient hat. „Sie mochte den Song, wir kannten uns, sie sagte Ja“, meinte Debbie Harry über die problemlose Zusammenarbeit bei dem Dancefloor-Knaller „A Rose By Any Name“, in dem die Liebe besungen wird, in der das Geschlecht keine Rolle spielt. Und auf „Mile High“ singen gleich 5000 Leute mit. DJ Hector Fonseca hat die Chor-Aufnahme von einer Party in Brasilien mitgebracht. Besonders stimmungsvoll ist die Cover-Version von „Relax“ geraten, dem 80er-Jahre-Party-Hit von Frankie Goes To Hollywood.
Auch wenn hie und da technisch nachgeholfen wurde, so ist die 68-jährige Debbie Harry, die nichts von ihrer Ausstrahlung, Faszination und Energie verloren hat, noch immer gut bei Stimme. Und auch ihre Punk-Attitüde hat die frühere Bar-Frau, die Janis Joplin einst das Essen brachte, behalten. Star-Fotografin Annie Leibovitz porträtierte sie jüngst in einer glänzenden Rüstung mit Schwert als eine Art Jeanne d'Arc. Immer noch rebellisch? „Ich habe das noch in mir“, sagt sie. Und fügte als mögliche Bild-Interpretation lachend hinzu: „Ich schlage dir den Kopf ab, wenn du mir in die Quere kommst.“
Wie viele internationale Hits Blondie im Laufe ihrer Karriere hatten, kann man noch einmal auf dem Album „Greatest Hits Deluxe Redux“ nacherleben, für das die Band Songs wie „Heart Of Glass“, „Dreaming“ oder „Atomic“ neu aufgenommen hat, dabei aber Gott sei Dank ganz nah an den Originalen geblieben ist.
Groß feiern wollen Blondie ihr Jubiläum schließlich mit einer Party im September in New York. Dann soll auch das Blondie-Fotobuch von Chris Stein erscheinen, das sich vornehmlich auf die 70er und 80er Jahre konzentriert. Auf die Autobiografie von Debbie Harry aber wird man noch warten müssen: „Ich arbeite daran“, sagt sie.
Konzerte in Deutschland: 23.06. Berlin - Tempodrom, 24.06. Hamburg - Große Freiheit, 25.06. Köln - E-Werk