Paul Rubens-Austellung im Von der Heydt-Museum
Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum zeigt eine feine Schau von Peter Paul Rubens.
Wuppertal. Der massive Bilderrahmen kann die Dynamik dieser „Wildschweinjagd“ kaum halten — unten tummeln sich Hunde, jagdgierig und fletschend die einen, verletzt und blutend die anderen, darüber springt ein Pferd ins Bild. Links versperren die Jäger der heranpreschenden Beute den Weg. Der eine aber, dem die Lanze abgebrochen ist, sinkt schreckensbleich zu Boden. Von oben scheint der bayerische Herzog Maximilian — der Auftraggeber des Bildes — samt Pferd heran zu schweben.
Mit ruhiger Hand setzt der Fürst zum Todesstoß an, der nur ihm als Landesherrn zusteht. Von rechts drängen zwei Frauen mit Diener in die Szenerie, links geht der Blick tief in den Wald hinein. Statisch ist das imposante Werk von 1616 wahrlich nicht — mit all diesen in einem Augenblick angerissenen Bilder-Geschichten würde das Fernsehen heute wohl eine halbe Serie füllen.
Peter Paul Rubens, (1577 in Siegen geboren, 1640 in Antwerpen gestorben) war nicht nur ein Mensch mit Witz und genauem Blick. Er war ein philosophisch beschlagener Universalgelehrter, der mehrere Sprachen beherrschte. Er war erfolgreicher Kunst-Unternehmer mit 100 Assistenten, denn die Bilder aus seiner Werkstatt waren damals teurer als Gerhard Richter und Damien Hirst heute zusammen. Der Niederländer reiste für den spanischen Hof jahrelang als Diplomat in europaweiter Friedensmission herum — und ein genialer Maler war er sowieso.
All diese Facetten lässt das Wuppertaler Von der Heydt-Museum in seiner aktuellen Schau aufscheinen. 50 Werke von Rubens haben Museumsdirektor Gerhard Finckh und seine Co-Kuratorin Nicole Hartje-Grave aus aller Welt zusammengetragen. Da sich die Gemälde mit ihren oft mythologischen Motiven nicht so leicht auf den ersten Blick erschließen, führen die Kuratoren die Besucher durch sinnliche Anschauung an Rubens’ barocke Lebenswelt heran.
Raumhohe rote Samtvorhänge umrahmen die Durchgänge, Ansichten seiner Stadtvilla sind auf Stellwände aufgezogen. Der Wuppertaler Tapeten-Hersteller Erfurt hat eigens eine zeitgenössische Ledertapete als Papierrollenware reproduziert.
Fast mehr als die Großformate, die gern im Fleischlichen schwelgen, entzücken die kleinen Ölskizzen, die Rubens als Entwurf für seine Auftraggeber und Vorlage für seine Gehilfen anfertigte. „Mit wenig Farbe und viel Öl“ habe er sie hingemalt, so Finckh, doch Rubens trifft auch im schnellen Strich pralles Leben und dramatischen Ausdruck.
Der Museumschef ist immer noch enttäuscht, dass die Londoner National Gallery das große Werk „Krieg und Frieden“ nicht ausleihen wollte, das Rubens während seines Aufenthalts 1629/30 in London gemalt hat. An der Staffelei verhandelte er mit König Charles I., es wurde seine einzige erfolgreiche Mission. Doch auch in der Reproduktion ist zu erkennen, wie Rubens das Bild gemäß dem Fortgang der Gespräche verändert hat.
Als es gut lief, fügte er in der Mitte Minerva hinzu, die den Kriegsgott Mars mit verblüffend muskulösem Arm von Venus abdrängt. Dann setzte Rubens unten ein Stück an, auf dem ein berückend beleuchteter Leopard entspannt mit Weintrauben tatzelt. Schließlich tritt links noch eine weibliche Figur mit einem Korb voller Gold hinzu — eine kaum verhüllte Einladung zur Bestechung.