Von der Heydt-Museum in Wuppertal Spätexpressionist Jankel Adler - Ein Topkünstler seiner Zeit
Das Wuppertaler Von der Heydt-Museum zeigt ab Dienstag die Retrospektive des Spätexpressionisten Jankel Adler.
Wuppertal. Ein zu Unrecht Vergessener soll endlich und nachhaltig ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zurückgeholt werden. Mit der ersten Retrospektive des Avantgardisten, Spätexpressionisten, Kubisten und Konstruktivisten Jankel Adler (1895 bis 1949) seit mehr als 30 Jahren kümmert sich das Von der Heydt-Museum um Wiedergutmachung an einem der wichtigsten Künstler der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der obendrein mit Wuppertal eng verbunden war: Adler lebte zeitweise in der Stadt, das Museum besitzt einige Werke von ihm. Museumschef Dr. Gerhard Finckh freut sich: „Jankel Adler ist einer der Topkünstler seiner Zeit.“ Er wirkte mit Chagall, Klee, Picasso, Dix, Modigliani und Bacon auf Augenhöhe. Hatte auch nach 1945, vor allem auf britische Künstler, großen Einfluss. Er starb 53-jährig 1949 an Herzversagen — zu früh, um noch mal bekannt zu werden.
Jankel Adler war Anarchist, polnischer Jude und deshalb „eine ideale Angriffsfläche für die Nationalsozialisten, die seine ’entartete Kunst’ der Vernichtung preisgaben“, erklärt Finckh. Nach dem Krieg führten Schuldgefühle dazu, dass die Deutschen Adler umgingen. Finckh: „So wurde er noch mal geächtet.“ Zwei Ausstellungen, eine kleine 1955 und eine größere 1985 in Düsseldorf, änderten daran nichts.
Nun also der Versuch im Von der Heydt mit einer neuen Sicht, die Adler im Kontext der Kunstströmungen seiner Zeit sieht, ihn neu positioniert. Adler war mit seinen Kollegen vernetzt, oft genug befreundet, man beeinflusste sich gegenseitig. Zeugnis davon legen 110 Werke von ihm, Gemälde und Papierarbeiten, und noch mal so viele von 48 anderen Künstlern ab. Über zwei Jahre arbeitete die stellvertretende Museumschefin Antje Birthälmer an der Ausstellung, spürte verschollene Bilder auf, gewann 28 Leihgeber in der ganzen Welt, die zum Teil hoch empfindlichen Werke auf die Reise zu schicken.
Die elf Räume im zweiten Stock sind eng behängt, selbst der Flur wird genutzt, um mit Fotodrucken Ächtung und Verlust seiner Werke zu dokumentieren. Raum 1 versammelt die Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts, die sich damals in Wuppertal einfand und zu der Adler 1912 hinzustieß. 1918 kehrte er nach Lodz (Polen) zurück, begründete dort in Anlehnung an „Das junge Rheinland“ die Künstlergruppe „Jung Jiddisch“ (Raum 2). Adler suchte aktiv Kontakt zur internationalen jüdischen Avantgarde, die sich der Kunst des Westens öffnete, ohne ihre Wurzeln zu verleugnen (Raum 3). Dem Dialog mit den Künstlern Wiethüchter, Seiwert und Lasar Segall ist Raum 4 gewidmet, den „Kölner Progressiven“, mit denen Adler in den 20er Jahren in Kontakt trat, Raum 5.
Um Freundschaften und Paarbeziehungen im Kölner Künstlerkreis und da besonders um Angelika Hoerle geht es in Raum 6. Raum 7 widmet sich Adlers Beziehungen zum „Jungen Rheinland“, hier hängen auch sein „Bildnis Else Lasker-Schülers“ und „Der Artist“, das als verschlüsseltes Selbstbildnis gilt und das Ausstellungsplakat ziert. Adlers Entwicklung von Mitte der 20er bis Mitte der 30er Jahre zeichnet Raum 7 nach. Über seine Liebe zu Katzen und Stillleben-Experimente, (Raum 9) und seinen künstlerischen Austausch mit Paul Klee, dessen Ateliernachbar er ab 1931 in Düsseldorf war (Raum 10), mündet die Ausstellung im Spätwerk, das Adler im französischen (1933 bis 1940) und englischen (1941 bis 1949) Exil fertigte. Der zweigeteilte Raum 11 zeigt Adler und Picasso, den er im Atelier des Grafikers Stanley William Hayter in Paris kennenlernte und mit jungen britischen Künstlern wie Robert Colquhoun und Robert MacBryde, die er sicherlich beeinflusste.