Unsere Tipps für das frohe Fest
Unsere Redakteure haben sich für Sie, liebe Leserinnen und Leser, ins Zeug gelegt: Wir empfehlen Neuerscheinungen oder Klassiker der Literatur, schicken Sie in den Altenberger Dom oder wiegen Sie in den beruhigenden Schlaf. Geschenk-Tipps für das Weihnachtsfest — Sie haben noch 22 Tage.
Von Ulli Tückmantel
Buch: Daniel Kehlmann („Die Vermessung der Welt“) gehört zu den erfolgreichsten deutschen Gegenwarts-Schriftstellern, obwohl er seine Leser weder mit Pop-literarischer Ich-Erzählerei vollsülzt noch in kulturpessimistische Engstirnigkeit flüchtet. Nun sind seine Frankfurter Poetik-Vorlesungen von 2014 als Taschenbuch erschienen („Kommt, Geister“) und geben Auskunft über Kehlmanns eigene Lese-Karriere. Lehrreich, neugierig machend und höchst unterhaltsam vom Einstieg an: Warum neun Minuten Peter Alexander reichen, um Günter Grass dankbar zu sein.
Ausstellung: Museum Folkwang, „Dancing with Myself“ (nur noch bis 15. Januar 2017). Warum der Weg nach Essen lohnt: Die Ausstellung ist aus der Sammlung des französischen Industriellen François Pinault zusammengestellt, der noch nie so viele Bilder nach Deutschland ausgeliehen hat. Zusammengestellt sind Werke von den 60er Jahren bis zur Gegenwart, die Selbstporträt und Selbsterfindung von Künstlern zum Thema haben. Im Selfie-Zeitalter ein lehrreicher Blick auf die Selbstbespiegelung der Anderen. Heiligabend, am 25. Dezember und Silvester geschlossen, alles andere hier: www.museum-folkwang.de
Der besondere Tipp: Weihnachten — und vor allem die Gottesdienste an Heiligabend — ist im Altenberger Dom immer ein besonderes Erlebnis. Vorher gibt es aber heute (Freitag, 2. Dezember) für Kinder und Eltern im wahrsten Sinne des Wortes in der schönsten Kirche des Bergischen Landes ein „Highlight“: Um 20 Uhr lädt Pfarrerin Claudia Posche zur „Taschenlampenführung“ in den Dom ein. Taschenlampe und Eltern nicht vergessen, alle Infos hier: www.altenberg-dom.de
Von Ekkehard Rüger
Buch: Wann, wenn nicht jetzt, sollte man eine Luther-Bibel verschenken? Dort kann man nicht nur die Weihnachtsgeschichte nachlesen, sondern spannende, rührende, irritierende Glaubenstexte aus einem Zeitraum von rund 1500 Jahren. Die traditionsreichste deutsche Übersetzung ist gerade frisch zum Reformationsjubiläum überarbeitet worden. Und schön gestaltete Sonderausgaben gibt es auch. Selbst die schon vergriffene Jubiläumsausgabe mit Zusatzseiten über Luther und die Reformation soll in diesen Tagen nachgedruckt werden — rechtzeitig zum Fest.
Veranstaltung: Endlich mal wieder ins Theater — keine Zeit ist günstiger als zwischen Weihnachten und Neujahr. Sowohl im Düsseldorfer als auch im Kölner Schauspielhaus gilt dann bei einer Reihe von Aufführungen „zwei für eins“, das heißt, man zahlt eine Karte und bekommt eine zweite gratis dazu. Denkbar ist also ein Weihnachtsgeschenk, bei dem man sich gleich noch als Begleitung mit verschenkt, zum Beispiel für Ibsens „Volksfeind“ (Köln) oder Kleists „Käthchen von Heilbronn“ (Düsseldorf), jeweils am 2. Weihnachtstag.
schauspiel.koeln
dhaus.de
Der besondere Tipp: Eines der schönsten Geschenke, die ich in diesem Jahr erhalten habe: ein „Papa-Wochenende, wie es früher einmal war“. Alle Kinder waren da, auch die älteren, und wir haben einfach noch mal all die Dinge getan, die uns früher so viel Spaß gemacht haben — vom Spaziergang über gutes Essen bis zum Kinobesuch. „Gemeinsame Zeit“ ist ein Geschenk, das nicht unnütz in der Ecke liegt oder im Regal verstaubt, sondern im besten Fall für gute Erinnerungen sorgt. Optimal für Trennungsfamilien, eingeschlafene Geschwisterbeziehungen oder vernachlässigte Freundschaften.
Von Peter Kurz
Buch: Weihnachten ist das Fest, zu dem das Jesuskind auf die Welt kommt. Axel Hacke hingegen lässt den Senior selbst erscheinen. In den Gesprächen mit Gott, philosophisch und doch leicht, geht es um die alte Frage: Warum ist die Welt kein besserer Ort? Und um einen Gott, der selbst nicht zufrieden ist mit dem, was er da geschaffen hat. Ein unsterblicher, aber nicht allmächtiger Gott, der am Ende die Menschen beneidet. Es geht um das Große Egal, das die Welt zusammenhält, um die sich ungerührt immer weiter drehende Welt. Und um die Erklärung, dass auch das so übel nicht ist.
Ausstellung: Einmal wie ein Astronaut den blauen Planeten bestaunen. Das geht. Liegend oder sitzend auf dem Boden im Gasometer Oberhausen. Die 20 Meter große Erdkugel vermittelt einen täuschend echten Eindruck davon, wie es sich wohl anfühlt, da oben im All. Sie ist Teil der Ausstellung „Wunder der Natur“ , die noch bis 30. November 2017 mit ihren grandiosen Tier-Fotografien im Großformat zu sehen ist. gasometer.de
Der besondere Tipp: In der Theaterkantine sorgen Heike und Rüdiger Fabry mit ihren Ein- oder Zwei-Personenstücken für eine zauberhafte Stimmung. Und wenn in einem normalen Theater der Abend zu Ende ist, öffnet sich hier erneut ein Vorhang, und alle Gäste werden zu einem festlichen Essen gebeten. Wer eines der sechs Stücke sehen will, muss langen Atem haben, oft sind sie über Wochen im Voraus ausgebucht. Zu Recht.
Von Olaf Kupfer
Buch: Nach 400 Seiten möchte man ihn schon mal schütteln oder mindestens in den Arm nehmen und ihm zuflüstern: „Ist gut jetzt, Benjamin.“ Aber irgendwie ist es dann doch noch nicht gut, weil Schnelldenker Stuckrad-Barre in seinem Buch „Panikherz“ auch auf den folgenden 176 Seiten bei — zugegeben — bisweilen zu übersteigerter Selbstreflexion noch manchen Gedanken entwickelt, der einem fehlen würde, hätte man ihn nie kennengelernt. „Stuckiman“, wie Freund Udo Lindenberg den 42-Jährigen nennt, hat sein Leben aufgeschrieben. Ein Vollgasereignis mit Sucht, Rausch, Narzissmus, Jahre und Monate später drauf geschaut. Nüchtern.
Veranstaltung: Wenn die Singersongwriter dieser Welt und zuerst aus deutschen Landen eine echte Plattform suchen, dann landen Sie irgendwann bei TVnoir — dem kuscheligen Internet- und Fernsehformat aus Berlin-Neukölln, bei dem sich fantastische Musiker wie Alin Coen oder William Fitzsimmons treffen und vor einem überschaubaren Publikum in Wohnzimmer-Atmosphäre im dortigen Heimathafen akustisch musizieren. Gastgeber ist Christoph Drieschner alias Tex, ein Berliner Künstler, der nicht wahnsinnig bekannt, dafür aber wahnsinnig gut ist. Und jetzt wieder auf Tournee geht. Ein guter Tipp ist sein Auftritt am 20. Januar in Oberbilk. Ruhig, gute Texte, starke Stimme. Klare Empfehlung!
Der besondere Tipp: Irgendwann kommt man ja in das Alter, wo es morgens immer früher wird. Zu viel Stress, zu hell, vielleicht auch zu alt, man weiß es nicht so genau. Unter dem Strich aber: zu wenig Schlaf. Meine neueste Errungenschaft von geradezu seelsorgerischer Größe ist eine Schlafmaske, die ich Ihnen hiermit ans Herz lege. Auf dem Zwölf-Stunden-Flug für gut befunden und in heimische Gefilde hinübergerettet, ist sie nach aufwühlenden Tagen nichts weniger als ein Bollwerk gegen alle Stressquellen der Neuzeit. Einfach mal ausprobieren. Nie war Entspannung günstiger.
Von Rolf Eckers
Buch: Köln im Jahr 1260: Jacop, ein Dieb und Herumtreiber, wird unfreiwillig Zeuge eines Mordes. Er sieht, wie eine düstere Gestalt den Kölner Dombaumeister vom Gerüst in den Tod stößt. Aber er selbst muss auch gesehen worden sein, denn jeder, dem Jacop davon erzählt, ist kurze Zeit später auch tot. . . „Tod und Teufel“ ist 1995 erschienen und das Schriftstellerdebüt von Frank Schätzing. Bis heute zählt der historische Krimi zu seinen stärksten Werken. Wer ganz viel über das mittelalterliche Köln und die Macht der Kirche erfahren möchte, sollte sich „Tod und Teufel“ gönnen.
Veranstaltung: „Ich heiße Viktor. Ich bin wieder da“, verkündet eine bedrohliche Geisterstimme. In der Tat, der Pina-Bausch-Klassiker „Viktor“ von 1986 kommt im Januar wieder auf die Bühne — samt titelgebender Spukgestalt. Das Stück gilt als eine der stärksten Produktionen der legendären Wuppertaler Choreografin. „Viktor“ spielt in einem Grab aus meterhohen Erdwällen, das ein Totengräber zuschaufelt. Viele sehen darin Bauschs Reaktion auf die atomare Katastrophe von Tschernobyl. Das dreistündige Stück ist ein tanztheatrales Ereignis.
Der besondere Tipp: Vor 25 Jahren starb Freddie Mercury. Er war 45 Jahre alt und hatte Aids. So exaltiert und arrogant sich der Rockstar auf der Bühne geben konnte, so sexuell unersättlich er sich in seine Affären mit Männern und Frauen stürzte, so höflich, unsicher und bescheiden war der Queen-Frontmann jenseits von Bühne und Bett. Als Sänger und Komponist zählt er zum Besten, was die Welt je erlebt hat. 1975 erschien das Album „A Night at the Opera“ (als CD 6,49 Euro) mit „Bohemian Rhapsody“, genialer kann Musik eigentlich nicht sein.
Von Annette Ludwig
Buch: Vor 500 Jahren starb Hieronymus Bosch. Mit einer fulminanten Ausstellung hat seine Geburtsstadt s-Hertogenbosch den berühmten Maler der Renaissance in diesem Jahr gefeiert. Der Blick in die Höllenbrut seiner Bilder lässt viele Betrachter auch nach dem Besuch im Noordbrabants Museum nicht los: Abstoßende Hybridwesen aus Mensch und Tier, Kreaturen mit Vogelleibern und Brillen, aufgespießte Körper erzählen von Folter, tiefstem Schrecken und Tod. All dies gibt es zum Nachsehen und Nachlesen auf 300 Seiten im Überblick und im Detail in dem prächtigen Band „Hieronymus Bosch — das vollständige Werk“. Decodierte Albträume — Boschs Bilderkosmos beschreibt treffend, was den Leser erwartet. Schauen, staunen — und nicht mehr weglegen. Und: Die Magie des Bildbandes wirkt auch, wenn man die Gemälde nicht live gesehen hat.
Ausstellung: Ein Skulpturenpark im Winter? Bei Minustemperaturen, tiefhängenden Wolken oder gar Schnee? Das kann ganz großartig sein, wie im Skulpturenpark von Tony Cragg in Wuppertal. Er liegt sanft hügelig eingebettet in einem Waldstück an der Hirschstraße mit grandiosem Blick über das Wupper-Tal. Gerade wenn die Bäume keine Blätter tragen, eröffnen sich ganz neue Blickachsen zwischen den Skulpturen. Von dem Hügel aus, auf dem sich eine bronzene Dreiergruppe in den Himmel schraubt, wird etwa die Villa Waldfrieden sichtbar. Jene Villa, die der Wuppertaler Lackfabrikant Kurt Herberts ab 1947 für sich errichten ließ. Nichts ist eckig an diesem Haus, alles ist rund — selbst die Möbel-Einbauten wurden sanft geschwungen gestaltet. Heute nutzt der Bildhauer Tony Cragg das Haus für sein Archiv sowie für die Verwaltung der Tony Cragg Foundation. Das Haus selbst kann nicht besichtigt werden, dafür gibt es in der gläsernen Ausstellungshalle bis 8. Januar 2017 die Arbeiten des französischen Künstlerpaares Anne und Patrick Poirer zu sehen. Öffnungszeiten: Heiligabend geschlossen, am 1. und 2. Weihnachtsfeiertag sowie Neujahr geöffnet von 10 bis 17 Uhr. Am 2. Weihnachtstag (11 Uhr) und an Neujahr (15 Uhr) gibt es eine „Familienführung mit Materialwagen“. skulpturenpark-waldfrieden.de
Der besondere Tipp: Singen kann unglaublich befreiend sein. Es baut Stress ab, macht den Kopf frei und bringt gute Laune. Noch besser wirkt Singen, wenn man es gemeinsam tut. Mit Freunden, aber auch mit Fremden — Rudelsingen eben. Von Abba bis Grönemeyer, von Prince bis Udo Jürgens reicht das Programm. Inzwischen gibt es Rudelsingen in vielen Städten in NRW: rudelsingen.de