US-Schauspielerin Michelle Williams im Interview über Marilyn
Die US-Schauspielerin Michelle Williams über ihre Rolle als Marilyn Monroe.
Frau Williams, welche Bedeutung hatte die Ikone Marilyn Monroe vor diesem Dreh für Sie?
Williams: Sie war eine Inspiration für mich, schon als kleines Mädchen. Es gibt ein Foto, das mich immer magisch angezogen hat: Darauf dreht sie sich barfuß mit ausgestreckten Armen im Kreis. Dabei wirkt sie so frei, so lebendig und so unbelastet. Als ich mich auf die Rolle vorbereitet habe, ist mir aber klar geworden, dass nichts von dem auf sie zutraf.
Sie haben für Ihr grandioses Spiel eine Oscarnominierung erhalten. Wann waren Sie sicher, dass Sie Marilyn auf den Punkt gebracht haben?
Williams: Nie. Es gab keinen einzigen Moment, in dem mir ein „Ah, ja!“ über die Lippen gekommen wäre. Mittlerweile kann ich feststellen, dass ich sie in einigen Dingen so gut getroffen habe, wie ich halt konnte. Aber während des Drehs konnte ich das nicht.
Warum?
Williams: Ein Teil von mir ist immer besorgt, sich seiner Sache zu sicher zu fühlen. Wenn ich sagen könnte: „Jetzt habe ich sie geknackt!“, dann hätte das etwas zu Abschließendes. Ich mag es lieber, wenn die Rolle mich völlig in der Hand hat. Deswegen bin ich sehr skeptisch, wenn ich mitten in der Arbeit Stolz oder Zufriedenheit bei mir registriere. Das ist eher ein Zeichen, dass ich mich nicht genügend angestrengt habe.
Sie bereiten sich immer intensiv auf Ihre Rollen vor. Wie fängt man das Wesen der Monroe ein?
Williams: Ich habe alles getan, was mir in den Sinn kam — ich hätte sogar Zaubersprüche nachgesprochen! Ich habe viele Bücher über sie gelesen, ihre Filme geschaut und alle Tonbandaufnahmen gehört, die ich bekommen konnte. Ich habe tagelang auf YouTube gesucht und bin auf fantastische Interviews mit ihr gestoßen. Ich fühlte mich wie ein Detektiv.
Bewundern Sie die Monroe oder bemitleiden Sie sie?
Williams: Sie ist für mich wie eine Freundin. Für die hegt man auch unterschiedliche Gefühle. Man bewundert einige Eigenschaften an ihr, ist traurig, dass sie einige ihrer Qualitäten selbst nicht erkennt. Und man vermisst sie, wenn sie länger weg ist.
Der Film erzählt auch von dem endlosen inneren Kampf der Schauspieler, vor der Kamera überzeugend zu agieren. Kennen Sie diesen Kampf auch?
Williams: Absolut! Die Unsicherheit ist immer gegenwärtig. Aber ich kann damit besser umgehen, als Marilyn es konnte. Trotzdem konnte ich mich in sie einfühlen. Laurence Olivier sagt in dem Film: „Wir alle haben eine verdammte Angst!“ Das ist auch so.
Wie nervös waren Sie vor dieser immensen Aufgabe?
Williams: Ich hatte Angst! Aber anscheinend nicht genug. Ich bin nicht weggelaufen, obwohl ich es manchmal gern getan hätte. Ein Teil dieser Angst kann auch sehr belebend sein. Das große Ziel meines Lebens und meiner Arbeit ist, immer besser zu werden. Und das erreicht man nur, wenn man sich herausfordert.
Sie haben auch das „Parkside House“ besucht, in dem Marilyn Monroe und der Schriftsteller Arthur Miller als Frischvermählte gewohnt haben. Wie war das für Sie?
Williams: Das war unglaublich. Wir haben dort auch gedreht! Es war einer der wenigen Momente im Leben, in dem man so etwas wie Magie verspürt. Ich konnte nicht fassen, dass ich tatsächlich in ihrem Schlafzimmer war, wo Marilyn Briefe geschrieben hat, und in der Küche, in der sie Spiegeleier gebraten hat.