Meinung Baerbocks Äußerung ist Propagandafutter für Putin

Meinung · Außenministerin Annalena Baerbock hat gute Beliebtheitswerte. Doch der Grad zwischen offener und völlig verunglückter Wortwahl scheint schmal zu sein. Ein Kommentar.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock im Europarat in Straßburg

Foto: dpa/Jean-Francois Badias

Außenministerin Annalena Baerbock hat gute Beliebtheitswerte. Wohl auch, weil die Grüne eine für Chefdiplomaten klare Sprache spricht. Doch der Grad zwischen offener und völlig verunglückter Wortwahl scheint schmal zu sein. Und das ist gefährlich, wenn es um Krieg und Frieden geht. Apropos Völkerrecht: Erinnert sei an ein denkwürdiges Gespräch, in dem Baerbock im Jahr  2020 Robert Habeck im Kampf um die grüne Kanzlerkandidatur verspottete. Als früherer Landwirtschaftsminister habe er es mit Hühnern und Schweinen zu tun gehabt. Sie dagegen „komme eher aus dem Völkerrecht“. Das war schon damals arrogant, jetzt wirkt es vollends daneben.

Gewiss war das keine Kriegserklärung an Russland, die sie da vor dem Europarat abgegeben hat. Als sie davon sprach, dass „wir (in Europa) uns nicht gegenseitig beschuldigen, denn wir führen einen Krieg gegen Russland und nicht gegeneinander“. Doch der Satz gibt nicht nur innenpolitisch denjenigen Futter, die ohnehin glauben, Deutschland und der Westen legten es auf einen Konflikt mit Russland an. Schlimmer ist die Äußerung Baerbocks mit Blick auf die russische Propaganda gegenüber der eigenen Bevölkerung: Seht her, der Westen sagt doch selbst, er ist mit uns im Krieg. So werden Zweifler auf die eigene krude Argumentationslinie gebracht. Hier die Kriegserklärung – da die „militärische Spezialoperation“ als Verbrämung des in der Ukraine angerichteten menschlichen Leids.

Die Nato-Staaten betonen, keine Konfliktpartei sein zu wollen. Nach völkerrechtlichen Regeln werden sie es durch Waffenlieferungen nicht. Sie würden es erst dann, wenn sie selbst Soldaten in den Einsatz schickten. Aber so, wie sich Putin ohnehin nicht ans Völkerrecht hält, dürfte auch diese Differenzierung ihn nicht beeindrucken. Er wird selbst definieren, wann für ihn welche Linie überschritten ist. Doch derweil dürfte er sich erst einmal innenpolitisch über das von der deutschen Außenministerin gelieferte Propagandafutter freuen. Das ist der Schaden des Satzes von Baerbock, nenne man ihn nun unbedacht, unglücklich, verrutscht oder einfach dumm.