Meinung Bezahlbarer Wohnraum: Politik muss sich kümmern

Meinung | Düsseldorf · Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum nimmt in den Städten dramatische Züge an. Wenn in besonders gefragten Lagen wie Düsseldorf, Köln oder Münster 50 Prozent der Bevölkerung Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, ist das Problem in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Rolf Eckers

Foto: Sergej Lepke

Es sind längst keine Randgruppen mehr, die auf subventionierten Wohnraum angewiesen sind, sondern Menschen mit Vollzeitstellen und mittlerem Einkommen. Mehr als ein Drittel des verfügbaren Geldes für die Kaltmiete auszugeben, wird für immer mehr Haushalte zum Normalfall. Hier wächst ein Problem von politischer Sprengkraft heran, dem sich die etablierten Parteien widmen müssen, wenn sie nicht von den Populisten weggefegt werden wollen.

Mehr Sozialwohnungen in den Ballungsräumen könnten Abhilfe schaffen. Doch der Bestand nimmt ab. Seit 1979 hat sich die Zahl der Sozialwohnungen in NRW um mehr als 70 Prozent reduziert. Für diesen Niedergang gibt es allerdings gute Gründe. Denn in den 1980er- und 1990er-Jahren gingen alle von einem Rückgang der Bevölkerungszahlen aus. Sozialer Wohnungsbau war kein Thema mehr. Schlimmer noch: Städtischer und landeseigener Wohnraum wurde massenhaft privatisiert, ähnlich lief es bei Werkswohnungen. Renditeorientierte Unternehmen oder Investmentfonds entscheiden nun hunderttausendfach über Mieten und Modernisierungen, weil die Politik glaubte, das Thema Wohnen dem Markt überlassen zu können. Eine verhängnisvolle Fehleinschätzung, aus der sich übrigens kein parteipolitischer Honig saugen lässt, weil alle daran beteiligt waren.

Schnelle Lösungen kann es nicht geben, weil Wohnungsbau Zeit braucht. Aber die richtigen Vorgaben muss die Politik schon machen. Und das tut sie nicht. Der Ausbau der Eigentumsförderung, den sowohl die große Koalition in Berlin als auch die schwarz-gelbe Landesregierung in Düsseldorf betreiben, ist falsch. Den Wohnraummangel in den Städten löst das nicht. Gefördert wird der vermehrte Eigenheimbau auf der grünen Wiese. Durch viel zu hohe Einkommensgrenzen gibt es zudem Mitnahme-Effekte, weil jene Gruppen Immobilien bauen oder erwerben, die das auch ohne staatliche Hilfe getan hätten.

Bezahlbare Mietwohnungen in den Städten entstehen auf diese Weise ganz sicher nicht. Beispielhaft für den Weg, den die Politik gehen sollte, ist Wien. Auch die Bevölkerung der österreichischen Hauptstadt wächst, aber weil günstige Wohnungen in großem Stil gefördert werden, sind die Mieten deutlich niedriger als in den Zentren hierzulande. Auf Nachfrage erläutern die Wiener sicher gerne, wie das geht.