Deutsche Wirtschaft: Eine überraschende Erfolgsgeschichte
Die deutsche Wirtschaft lässt fast täglich aufhorchen
Europa scheint sich wirtschaftlich immer mehr auseinander zu entwickeln. Neu daran ist, dass es nicht nur den groben Unterschied zwischen einem starken Norden und einem schwachen Süden gibt, sondern auch die großen Volkswirtschaften — vor allem Frankreich und Deutschland — sich voneinander abkoppeln. Wobei die Vorteile klar bei Deutschland liegen.
Am vergangenen Freitag zeigte sich das bei der bitteren Abstufung des westlichen Nachbarn durch die Ratingagentur S&P, die den Spitzenplatz Deutschlands nur noch wertvoller machte. Am Dienstag prognostizierten die vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung befragten Experten für Deutschland eine überraschend gute Wirtschaftsentwicklung. Die Hoffnung, dass das Land an einer ernsten Rezession vorbeischrammt, ist berechtigt. Wobei darauf nicht allein die Berliner Politik Einfluss nimmt, eine Verschärfung der europäischen Schuldenkrise würde Deutschland doch wieder zurückwerfen.
Am Mittwoch wird die nächste gute Nachricht folgen. Wenn die Bundesregierung den Jahreswirtschaftsbericht präsentiert, wird sie einen Beschäftigungsrekord verkünden. Das bedeutet: Noch nie zuvor waren in Deutschland so viele Menschen in Lohn und Brot. Und während bei uns die Arbeitslosenquote 2012 voraussichtlich um 0,3 Prozentpunkte auf 6,8 Prozent sinkt, wird sie etwa in Frankreich auf deutlich über zehn Prozent steigen.
Für die deutsche Politik ist das eine schöne Bestätigung, aber auch eine Verpflichtung: Sie darf, zumal Deutschland rasch die Oberlehrerrolle zugesprochen wird, gegenüber den europäischen Nachbarn nicht in Überheblichkeit verfallen. Zu dieser dringend gebotenen Bescheidenheit gehört außerdem, dass sie extrem sachorientiert und eisern weiter arbeitet. Nur so lässt sich die Erfolgsgeschichte fortsetzen.
Besonders erfreulich ist die hohe Beschäftigtenzahl. In einigen stark prosperierenden Regionen erwarten Fachleute sogar Vollbeschäftigung — was in der Praxis einer Arbeitslosenquote von zwei Prozent entspricht. Das ist erfreulich. All jenen, die das Pech haben, am falschen Ort zu leben oder die falsche Qualifikation zu besitzen, hilft das allerdings nur bedingt. Auch das macht klar: Die Erfolge sind kein Grund zum Ausruhen.