DFB-Elf: Risiko minimiert, Ruhm maximiert

Der deutsche Finaleinzug von Belo Horizonte

Ein Kommentar von Olaf Kupfer.

Foto: Judith Michaelis

Das Echo ist gewaltig. So imposant, dass schon jetzt — drei Tage vor dem Endspiel — feststeht: Von dieser WM in Brasilien wird zuerst dieses 7:1 der Deutschen gegen den Gastgeber hängen bleiben. In Jahrzehnten werden sie noch reden über den Abend in Belo Horizonte, an dem sich die Grenzen des deutschen Spiels aufgelöst haben. Und sie werden dieses sagenhafte Spiel der Rekorde auf ewig mit Joachim Löw verbinden, mit diesem Trainer, der dem deutschen Spiel all jene Attribute verliehen hat, die ihn jetzt dem Ziel WM-Titel ganz nahe bringen.

Löw hat seit Amtsantritt 2006 vieles initiiert, dann hat er viel dazugelernt und er war endlich bei dieser WM rechtzeitig bereit, von seinen Dogmen abzurücken — und nicht sehenden Auges an den Abgrund zu treten. Kein Trotz, kein Zaudern. Stets analytisch, aber immer mutig voran. Er hat mit Kapitän Lahm rechtzeitig die Abwehr und das Aufbauspiel stabilisiert, er hat ab dem Viertelfinale das herkömmliche 4-2-3-1-System wieder etabliert — und damit Risiken minimiert. Und er hat eindrucksvoll souverän ein Ziel vor sich hergetragen, hinter dem er einen Kader versammelt hat: Wir wollen Weltmeister werden.

Jetzt ist Löw belohnt worden mit dem perfekten Spiel, mit maximalem Ruhm. Organisiert und spielfreudig, einsatzbereit und filigran, effizient und glamourös — 7:1 in einem Halbfinale beim Gastgeber, beim fünffachen Weltmeister Brasilien.

Diese Generation deutscher Fußballer ist mit einem einzigen Trainer und einer Idee gewachsen, und nun ist sie tatsächlich auf ihrem Höhepunkt. Dort, wo zum jetzigen Zeitpunkt kein Gegner mehr Blickkontakt hält. Auch nicht Argentinien oder die Niederlande, die am Mittwoch um den Finaleinzug spielten. Und schon gar nicht Brasilien, das sich emotional derart ungesund aufgeladen hatte, dass schon wenig reichte, um eine ganze Elf in Auflösung zu sehen.

Deutschland ist am Sonntag Favorit. Und man darf ziemlich sicher sein, dass Deutschland damit umgehen kann. Vor allem die Mannschaft, die gelernt hat aus WM 2006 (Halbfinale), EM 2008 (Finale), WM 2010 (Halbfinale) und EM 2012 (Halbfinale), allesamt Turniere ohne Titel. Aus Scheitern erwächst — richtig gesteuert — Kraft, aus Erfahrung Mut. Es ist nur noch ein Schritt.