Meinung Elektromobilität - Es wird Zeit, dass die Autobauer wach werden

Wie sehr die Glaubwürdigkeit der deutschen Autoindustrie gelitten hat, wurde am Mittwoch vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart überdeutlich: Die Vorstellung, ältere Dieselautos mit Hilfe von Nachrüstungen deutlich sauberer zu machen, sei „von maximalem Optimismus getragen“, so Richter Wolfgang Kern.

Foto: Lepke

Er hätte auch sagen können: Es reicht mit der Schönrederei, ihr lügt uns was vor. Fakt ist, dass die Belastung mit Stickoxiden in vielen deutschen Städten seit etlichen Jahren zu hoch ist. Maßgeblich daran beteiligt sind Dieselautos. Gegen 17 Städte laufen Klagen, darunter Düsseldorf und Aachen. Immerhin: Die Politik lädt jetzt zum bundesweiten „Diesel-Gipfel“ ein. Ob mehr als Aktionismus dahintersteckt, ist jedoch zweifelhaft. Seit Jahrzehnten wird die Autoindustrie als heilige Kuh behandelt, der jeder Wunsch erfüllt werden muss.

Seit dem Jahr 2000 gelten Grenzwerte für den Stickoxid-Ausstoß eines Dieselmotors. Im Laufe der Jahre wurden die Werte immer strenger. Darüber haben die Autobauer nur müde gelächelt, weil es reichte, die Vorgaben unter Laborbedingungen einzuhalten. Diesen vorsätzlichen Betrug hat die Politik immer gedeckt. Der dreckige Diesel wurde zum Erfolgsmodell. Nur elf Prozent der Neuwagen hatten 1990 hierzulande einen Selbstzündermotor, 2015 waren es 48 Prozent. Die Neuwagen erfüllen zwar die Euro-6-Norm, sauber sind sie aber bis auf wenige Ausnahmen nur im Labor.

Jetzt hat die Industrie ein echtes Problem. Weil Diesel weniger CO2 erzeugen als Benziner, galten diese Motoren für die Autobranche bisher als Königsweg, um Klimaziele einzuhalten. Offensichtlich lösen aber sowohl Benziner (Kohlendioxid) als auch Diesel (Stickoxide) massive Umweltbelastungen aus. Auf Dauer sind diese Probleme weder mit Nachrüstungen noch mit Fahrverboten zu lösen. Es wird Zeit, dass die Autobauer wach werden. Und es wird Zeit, dass die Politik erkennt, wie sehr eine deutsche Schlüsselindustrie dabei ist, den Anschluss zu verpassen. Unzählige Forschungsmilliarden sind in die Technik von gestern geflossen, in Sachen Elektromobilität spielen die hiesigen Konzerne dagegen nur in der 2. Liga. Wie schmerzhaft dieses Versagen der Manager sich auswirkt, werden Mercedes, VW & Co. schon im nächsten Jahr in China zu spüren bekommen. Dort dürfen dann nur jene Hersteller Autos verkaufen, die die E-Quote erfüllen. Und das schaffen die Deutschen nicht.