Meinung Entlastung an der falschen Stelle

Die NRW-Landesregierung wählt den falschen Ansatz, um ihr Ziel zu erreichen, „die Mitte der Gesellschaft“ zu entlasten. Die Landes-SPD bemängelt das, vergisst aber schon im zweiten Satz der Kritik ihr eigenes Ziel.

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Gebührenfreie Kitas sind der richtige Weg, der Ansatz sollte aber bei höheren Einkommen eine Grenze kennen.

Landesfinanzminister Lutz Lienenkämper will im Bundesrat dafür werben, den Freibetrag für Kinderbetreuungskosten von 4000 auf 6000 Euro anzuheben. Schon 4000 Euro sind ein stolzer Betrag, für die man eine pädagogisch sehr wertvolle Tagesmutter findet und auch eine Kita mit reichlich Programm. Wer diesen Betrag aufbringt, der befindet sich nicht in der Mitte der Gesellschaft, sondern mindestens im oberen Drittel. Zusätzliche Entlastung ist für diese Bevölkerungsgruppe nett, aber nicht zwingend erforderlich.

An dieser Stelle lohnt ein Blick in die Landeshauptstadt: Düsseldorf nimmt bereits seit einigen Jahren keine Gebühren mehr für die Betreuung von Kindern, die drei Jahre und älter sind. Dass hat sozialpolitisch gewirkt. Mehr Kinder aus sozial schwachen Familien und aus Zuwanderer-Familien besuchen mindestens das letzte Kita-Jahr und wechseln besser vorbereitet in die Grundschule.

Die Erfahrung von Düsseldorf zeigt aber auch, dass es einen Fehler im System gibt. Der wird offensichtlich, wenn die Stadt argumentiert, gebührenfreie Kitas seien ein Standort-Argument. Die leitenden Angestellten, die sich für einen Job in Düsseldorf entscheiden, weil sie dort nicht für die Kita zahlen, sind bis heute nicht gefunden.

Umgekehrt könnten sich diese Einkommensgruppen sogar an den Kosten beteiligen. Das ist ohne neuen bürokratischen Aufwand möglich: Sowohl bei der U3-Betreuung als auch beim Offenen Ganztag geben Eltern ihr Einkommen an und zahlen Gebühren entsprechend der Höhe. Die höchste Gruppe käme für den dritten Weg bei den Kinderbetreuungskosten gut in Frage.